Grenzübergreifender Katastrophenfall – Großübung in Enschede

Lokalzeit Münsterland 02.10.2024 02:26 Min. Verfügbar bis 02.10.2026 WDR Von Andrea Hansen

Grenzübergreifender Katastrophenfall – Großübung in Enschede

Stand: 02.10.2024, 16:19 Uhr

In Enschede hat am Mittwoch eine große Katastrophenschutzübung zwischen deutschen und niederländischen Rettungskräften stattgefunden.

Von Portrait von Brigitte LiebBrigitte Lieb

Fast ein Jahr hat Hanjo Groetschel, Leiter des Rettungsdienstes im Kreis Borken, mit seinen deutschen und niederländischen Kolleginnen und Kollegen die Großübung vorbereitet. Es ist seit Langem der größte grenzüberschreitende Praxistest, bei dem es um die Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern geht.

Über 100 Einsatzkräfte sind dabei. Treffpunkt ist auf einem abgelegenen Übungscampus in Enschede, ein Gelände, das früher ein Militärflugplatz war.

Katastrophenfall spielt mitten auf dem Land

Das ausgedachte Szenario spielt bei Stadtlohn, ganz in der Nähe der niederländischen Grenze. An einem Bahnübergang ohne Schranken kommt es zum Katastrophenfall: Ein Bus prallt gegen einen Zug, auch zwei Autos geraten in den Massenunfall.

Leiter des Rettungsdienstes Hanjo Groetschel steht im Bild vor einer Katastrophenübung in Enschede.

Hanjo Groetschel hat die Großübung mitvorbereitet.

Stadtlohn als Spielort ist bewusst gewählt. "In einer ländlichen Region können wir fünf bis sechs Rettungswagen sehr schnell zur Einsatzstelle beordern. Bei so vielen Verletzten wie hier sind wir aber auf Hilfe von auswärts angewiesen", erklärt Groetschel.

Wichtigste Aufgabe: Struktur ins Chaos bringen

Um kurz nach 10 Uhr geht es los mit der Großübung. In der fiktiven Leitstelle wird der Rettungsdienst alarmiert. Nach wenigen Minuten treffen die ersten Einsatzkräfte am Unfallort ein. Einer von ihnen ist Tim Schulze-Holthausen, ein Notfallsanitäter in Ausbildung aus Südlohn.

Besonders spannend für ihn ist heute, die sogenannte Chaosphase mitzuerleben. "Auch wenn es klare Strukturen gibt, ist es herausfordernd, sich da wiederzufinden und dazu beizutragen, dass man dieses Chaos bewältigt." Dazu gehört vor allem unter den 30 Verletzten zu priorisieren, wer als Erstes dringend Hilfe benötigt.

20 Minuten nach dem Notruf trifft auch Hanjo Groetschel am Einsatzort ein, als leitender Notarzt. Er spricht mit den verschiedenen Einsatzteams und ist auch derjenige, der die niederländischen Kolleginnen und Kollegen brieft, die kurze Zeit später ebenfalls vor Ort eintreffen.

Kommunikation am Einsatzort zweisprachig

Hanjo Groetschel, Leiter des Rettungsdienstes im Kreis Borken spricht mit einem Kollegen

Die Absprachen zwischen den Einsatzkräften laufen in der jeweiligen Landessprache ab.

Was zunächst überrascht: Auch wenn deutsche Einsatzkräfte mit niederländischen sprechen, redet jeder auf der jeweiligen Landessprache - "nur viel langsamer", so Groetschel. Das funktioniere am besten. Nur in Ausnahmen behelfe man sich mit Englisch.

Dass die Kommunikation gut klappt, sehen auch die Kollegen aus dem Nachbarland so. "Wir sprechen vielleicht nicht dieselbe Sprache, aber wir verstehen einander. In der Grenzregion geht das so", sagt Krisenmanager Frank Polmann aus Twente.

Außerdem fällt auf, dass die Absprachen untereinander leise erfolgen, laute Rufe sind ausschließlich von einigen Verletzten zu hören. Die werden nach und nach versorgt, Patientinnen und Patienten mit schweren Verletzungen werden mit mobilen Liegen abtransportiert. Gegen 11.30 Uhr endet die Großübung.

Fazit: Hilfe der Nachbarn noch schneller einfordern

Erstes Fazit aller Beteiligten vor Ort ist: Gemeinsam ist man stärker. In der deutsch-niederländischen Zusammenarbeit sieht Rettungsdienstleiter Hanjo Groetschel aber auch noch Luft nach oben: Die Nachbarn könnten noch schneller angefordert werden.

Am wichtigsten ist für ihn, dass vor Ort deutsche und niederländische Einsatzkräfte jeweils eigene Bereiche bearbeiten: "Wenn jeder selbstständig arbeitet und zwischendurch die Ergebnisse immer wieder zusammengetragen werden, nimmt das auf deutscher Seite ganz viel Arbeit ab."

Klar ist am Ende für Groetschel: So ein Katastrophenfall an der Grenze funktioniert nicht ohne niederländische Unterstützung. Miteinander haben beide Seiten in der Großübung eine Menge dazugelernt.

Unsere Quellen:

  • WDR-Reporterin vor Ort
  • Hanjo Groetschel, Rettungsdienstleiter Kreis Borken
  • Frank Polmann, Krisenmanager aus Twente
  • Pressestelles des ADAC und des Kreises Borken

Grenzübergreifender Katastrophenfall – Großübung in Enschede

WDR Studios NRW 02.10.2024 00:46 Min. Verfügbar bis 02.10.2026 WDR Online Von Marco Poltronieri