20 Monate nach der Sperrung der Autobahn 45 wollten die Ausschussmitglieder des Landtags vor Ort sehen und erleben, wie sich das Brückendesaster auf die Stadt und die Region auswirkt. Dazu haben sie am Mittwoch mit Amtsträgern wie Landrat, Bürgermeister und Vertretern von Industrie und Handwerk gesprochen.
Atmosphäre wie bei Gericht
Es gibt zwar noch keinen Angeklagten, ansonsten ging es im Ratssaal in Lüdenscheid zu wie im Gericht. Zeugen waren zur Vernehmung geladen. Selbst bekannte Menschen wie der Landrat oder Bürgermeister mussten Angaben zur Person machen, wurden auf ihre Wahrheitspflicht hingewiesen, Bild- und Tonaufnahmen waren für Journalisten nicht gestattet.
Auch Sprecher von Wirtschaftsverbänden, aus dem Gesundheitssystem und Mitglieder der Bürgerinitiative A45 waren als Zeugen geladen. Vermutlich können sie alle nichts dazu beitragen, den oder die Verantwortlichen für die marode Autobahnbrücke und den Umleitungsverkehr durch Lüdenscheid zu finden.
"Inaugenscheinnahme" von der Autobahn aus
Aber sie konnten aus erster Hand eindrucksvoll und teils emotional berichten, wie es ihnen seit der Brückensperrung im Dezember 2021 geht. Für die so genannte "Inaugenscheinnahme" waren die Ausschussmitglieder und ihr Vorsitzender Stefan Engstfeld auch oben auf der Autobahn – dort, wo seit der Sprengung eine riesige Lücke klafft.
Wie kann man Fehler vermeiden?
Dem Ausschuss geht es beim Blick zurück auf die Geschichte des Brückendesasters auch um die Zukunft: Wie können solche Fehler an anderen Autobahnbrücken in NRW vermieden werden? Auch Lüdenscheids Bürgermeister Sebastian Wagemeyer appellierte heute für den Blick nach vorne.
Seine Forderung an die Landes-Politiker: Da der Kollaps jetzt schon einmal da ist, könnten sie in Lüdenscheid ihr Bestes geben. Statt die inzwischen vom Lkw-Verkehr kaputten Straßen nur wieder herzustellen, könnte das Land gleich ganz neue Konzepte mit Radwegen und anderen Mobilitätsformen entwickeln. Und Lüdenscheid und Umgebung zu einer Modellregion für die Verkehrswende machen.
Lüdenscheid-Besuche für viele zermürbend
Für viele der Betroffenen sind die wiederkehrenden Lüdenscheid-Besuche verschiedener Parteien, Interessensgruppen, Ausschüsse und Gremien zermürbend. Immer wieder berichten sie von Neuem über ihre Situation, hoffen auf Verständnis und Hilfe, hören wohlwollende Worte oder gar Versprechen – und erleben wenig Veränderung.
Neue Brücke frühestens in drei Jahren
Eine neue Brücke – zumindest eine Hälfte davon – soll in drei Jahren stehen. Vorher wird sich die Situation in der Region kaum spürbar verändern. Dennoch geben sie nicht auf. Lüdenscheid immer wieder ins Gespräch zu bringen scheint die einzige Möglichkeit, in der Ausnahmesituation nicht in Vergessenheit zu geraten.
Über dieses Thema berichten wir am 09.08.2023 im WDR Fernsehen in der Lokalzeit Südwestfalen sowie im Hörfunk auf WDR 2.