Streufahrzeug auf der Autobahn

Winterdienst: Warum es in Städten öfter Glatteis gibt als auf Autobahnen

Stand: 20.11.2024, 15:41 Uhr

Sobald es friert, müssen Städte für sichere Straßen sorgen. Für genaue Prognosen fehlt aber die Technik - anders, als auf Autobahnen.

Von Nina Magoley

In Winterberg, im Kreis Olpe und rund um Siegen rieselte es am Mittwochmorgen weiße Flocken, auch in der Eifel und in Südwestfalen könnte es schneien. "Wuppertal wird am Donnerstag wahrscheinlich unter einer leichten Schneedecke liegen", sagt WDR-Wetterexperte Jürgen Vogt.

Fotografie von Jürgen Vogt

WDR-Meteorologe Jürgen Vogt

Die meisten Städte und Gemeinden in NRW sind gerüstet für einen möglichen Wintereinbruch und Glatteis: Mitarbeiter für den Winterdienst sind in Bereitschaft versetzt, Streufahrzeuge gewartet. Aus den milden Wintern der Vorjahre seien noch viele Lager gut mit Streumitteln gefüllt, erklärt der Städtetag NRW.

Wetterprognose oft schwierig

Um sich vorbereiten zu können, kaufen zudem viele Kommunen Wettervorhersage-Daten vom Deutschen Wetterdienst. Das alles ist ziemlich aufwändig - denn Wetterprognosen können auch irren.

Ein orangenes Winterdienst-Fahrzeug in Aktion auf einer Straße

Gestreut wird oft prophylaktisch

In Bergneustadt zum Beispiel steht deshalb der Einsatzleiter des Bauhofs um halb drei Uhr morgens auf. Liegt nicht eindeutig Schnee, fährt er mit dem Auto los - in die Höhenlagen der bergischen Stadt und an "bekanntermaßen kritische Stellen", berichtet Fachbereichsleiter Andreas Wagner. "Mit dem Fuß" stelle er dann fest, ob der Boden glatt ist. Ist das der Fall, würden die für die Rufbereitschaft eingeteilten Kolleginnen und Kollegen alarmiert.

Auch im Kreis Paderborn stehen die Mitarbeiter bereit, sobald die Temperaturen unter vier Grad sinken. "Die zuständigen Kollegen stehen dann in aller Frühe auf und fahren raus, um den Zustand der Straßen zu checken", sagt Timm Rosenthal, Leiter der Straßenunterhaltung im Kreis Paderborn. Sieht es nach Glatteis aus, rücken die Streufahrzeuge aus.

Kommunen müssen Winterdienst garantieren

Denn der Winterdienst auf öffentlichen Straßen und Wegen ist Aufgabe der Kommunen. Laut Straßenreinigungsgesetz NRW sind Städte und Gemeinden zur sogenannten Winterwartung verpflichtet: Zum Schneeräumen und Streuen auf Fahrbahnen und Gehwegen, Fußgängerüberwegen und anderen gefährlichen Stellen.

"Eigentlich eine Aufgabe, die unmöglich zu erfüllen ist", sagt Wetterexperte Vogt: Wettervorhersagen können ungenau sein, eine Stadt müsse aber in der Winterzeit trotzdem rund um die Uhr Personal und Maschinen in Bereitschaft halten - und könne am Ende nicht jede Straße gleichzeitig streuen oder räumen. "Wenn dann eine Straße mal nicht geräumt ist, regen sich alle auf."

Autobahnen dicht überwacht

Autobahn im Winter

Autobahnen meist schnell schneefrei

Auf den Autobahnen NRWs klappt das schon besser: Dort gibt es viele Messstationen, die permanent die aktuellen Temperaturen in der Luft und auf der Fahrbahn senden. Auch auf Brücken oder Dämmen sind meist solche Straßenwetterstationen installiert. Darüber sei ein relativ gutes Frühwarnsystem möglich, so Vogt.

In den allermeisten Städten und Gemeinden NRWs aber fehlen bislang solche Straßenwetterstationen. Denn sie sind teuer - auf den ersten Blick. Tatsächlich könne eine Kommune aber mit einem eigenen Messsystem sehr viel Geld einsparen, sagt Vogt. Statt über Monate rund um die Uhr Einsatzteams abrufbar vorzuhalten, könne man den Bedarf dann wesentlich präziser planen.

Pilotprojekt in Paderborn

In Paderborn wird das bereits getestet: Fünf Sensoren sind seit Herbst über das Stadtgebiet verteilt, vier weitere im Umkreis. Sie messen die Luftfeuchtigkeit, die Luft- und Oberflächentemperatur auf den Straßen und senden die Daten in Echtzeit an die Einsatzleitung der Stadt. Eine KI soll aus den Daten künftig errechnen, "ob in den nächsten zwei Stunden mit Glatteis zu rechnen ist und ein Streu-Einsatz notwendig ist", so Timm Rosenthal vom Kreis Paderborn.

So könne man überflüssige Fahrten und auch Personalkosten sparen. Denn Bereitschaftsdienste werden natürlich auch dann bezahlt, wenn keine Glatteisgefahr droht.

Mitarbeiter des Winterdienstes hält Streusalz in den Händen

Streusalz sparen mit KI

Außerdem geht es um Nachhaltigkeit: Durch präziser ermittelten Bedarf könnten rund zehn Prozent der Streu-Fahrten eingespart, der Salzverbrauch um 15 Prozent gesenkt werden, schreibt das Fraunhofer Institut in Lemgo, wo das Pilotprojekt zusammen mit dem Kreis Lippe und der Stadt Paderborn betreut wird. Wie viel Geld Paderborn damit künftig einsparen könnte, sei noch nicht evaluiert, heißt es dort.

Bislang ist vor allem der Faktor Mensch für die Sicherheit auf winterlichen Straßen entscheidend. "Die Winterdienstler sind echte Helden", sagt WDR-Wettermann Jürgen Vogt: Sie seien bei jedem Wetter draußen, schöben Wache rund um die Uhr, seien nachts unterwegs, damit der Berufsverker am Morgen fließt. "Das geht teils über fünf Monate und ist extrem belastend."

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