Strafzölle auf chinesische Autos Aktuelle Stunde 04.10.2024 40:11 Min. UT Verfügbar bis 04.10.2026 WDR Von Jan Hofer

Strafzölle auf chinesische E-Autos: Zahlt am Ende der Verbraucher?

Stand: 04.10.2024, 15:15 Uhr

Die EU hat heute Strafzölle auf chinesische E-Autos beschlossen. Welche Marken sind betroffen? Und wie teuer wird es für Käufer?

Von Andreas Poulakos

Die EU wird Strafzölle auf Importe von E-Autos aus China erheben. Die Entscheidung der EU-Kommission vom Freitag ist eine Reaktion auf "wettbewerbsverzerrende Subventionen", mit denen sich China nach Überzeugung der EU einen unfairen Vorteil auf dem umkämpften Automarkt verschafft hat. Deutschland hatte sich gegen die neuen Zölle ausgesprochen.

Was bedeutet die Entscheidung für Autokäufer? Und welche wirtschaftlichen Folgen befürchten die deutschen Autobauer? Fragen und Antworten.

Welche Marken sind betroffen?

Wenn von Strafzöllen auf chinesische E-Autos die Rede ist, fallen meist die Namen rein chinesischer Hersteller wie BYD oder Geely, die auf dem deutschen Markt (noch) keine große Rolle spielen. Tatsächlich geht es aber nicht nur um chinesische Hersteller, sondern um alle E-Autos, die in China produziert werden. Darunter fallen zum Beispiel die Fahrzeuge des US-Herstellers Tesla für den europäischen Markt und mehrere Modelle von Smart.

Auch ehemals europäische Marken wie MG oder Volvo sind mittlerweile in chinesischer Hand und werden in Fernost hergestellt. Schließlich haben auch deutsche Autobauer wie BMW und VW in China Fabriken aufgebaut. Strafzölle könnten also auch beim Kauf eines aus China importierten deutschen E-Autos fällig werden.

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Wie hoch werden die Zölle ausfallen?

Der aktuelle Zollsatz für E-Autos aus China liegt bei zehn Prozent. Nach der EU-Entscheidung vom Freitag sollen ab November für verschiedene Marken zusätzliche Strafzölle erhoben werden - je nachdem, wie stark sie vom chinesischen Staat subventioniert werden. Der Höchstsatz von 35,3 Prozent träfe etwa den chinesischen Hersteller SAIC. Für die E-Autos von Geely werden zusätzliche 18,8 Prozent fällig, für BYD 17 Prozent. Autobauer wie BMW, Volkswagen und ihre chinesischen Joint-Venture-Partner müssen mit einem Aufschlag von 20,7 Prozent rechnen, wenn sie aus China in die EU importieren. Tesla handelte in Brüssel einen relativ niedrigen Zollsatz von 7,8 Prozent aus.

Zurzeit werden E-Autos aus chinesischer Produktion in Deutschland durchschnittlich 20 Prozent billiger verkauft als hiesige Fahrzeuge. Dieser Preisvorteil könnte in Zukunft kleiner werden oder ganz wegfallen. Trotzdem gilt es als unwahrscheinlich, dass sich die chinesischen Hersteller vom europäischen Markt zurückziehen. Denn sie verkaufen ihre Autos in Europa teils doppelt so teuer wie auf dem Heimatmarkt, wie aus einer Studie der Rhodium-Gruppe hervorgeht. Es dürfte also trotz höherer Zölle eine ausreichende Gewinnmarge bleiben und der Endpreis für die Kunden könnte relativ stabil bleiben.

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Warum hat sich Deutschland gegen die Strafzölle ausgesprochen?

Deutsche Autobauer, die in China produzierte E-Autos in die EU importieren, sind ebenfalls von den Strafzöllen betroffen. Außerdem ist die Sorge groß, dass China ebenfalls Strafzölle auf Autos oder andere Waren erheben wird und der riesige Absatzmarkt für deutsche Unternehmen künftig schwerer zugänglich ist. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) kritisierte die Zölle als ungeeignetes Mittel, um die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Automobilindustrie zu stärken. Die von China gezahlten Subventionen seien zwar eine Herausforderung, die potenziellen Schäden durch die Zölle jedoch größer als ihr Nutzen.

Noch ist allerdings Zeit genug für eine "diplomatische" Lösung des Problems. Bis Ende Oktober können EU und China noch einen Kompromiss aushandeln - erst dann werden die Strafzölle wirksam.

Sind chinesische E-Autos auf dem deutschen Markt konkurrenzfähig?

"Ja, sie haben auf jeden Fall eine Chance", sagt Prof. Benjamin Jung von der Hochschule Osnabrück. Der Preisvorteil sei aktuell wohl das wichtigste Argument für Autokäufer, sagt der Wirtschaftsingenieur und Experte für den E-Auto-Markt. Aber auch bei der Qualität hätten chinesische Unternehmen aufgeholt. "Gerade bei der Software der Fahrzeuge gibt es große Fortschritte." Ein Nachteil sei das noch lückenhafte Netz von Vertragswerkstätten. Aber auch das werde sich voraussichtlich in den kommenden Jahren verbessern.

Wirtschaftsingenieur Benjamin Jung | Bildquelle: Hochschule Osnabrück

Man müsse auch die veränderten Ansprüche deutscher Autokäufer beachten, meint Prof. Jung: "Für jüngere Menschen ist ein Auto oft kein Statussymbol mehr, sondern ein Gebrauchsgegenstand." Dieser Gruppe sei die Automarke weniger wichtig, sie achteten eher auf innovative Funktionen. "Und hier können die chinesischen Hersteller oft punkten."

Eine neue repräsentative Umfrage des ADAC scheint diese Ansicht zu bestätigen. Demnach gaben 80 Prozent der Befragten an, dass für sie der Kauf eines chinesischen E-Autos prinzipiell in Frage käme. Vor allem unter jüngeren Autofahrern gibt es laut der Umfrage wenig Skepsis gegenüber chinesischen Marken. Neben dem Preis achten sie demnach auf "innovative Technologie" und gutes Design.

Wie viele chinesische Autos sind bereits auf deutschen Straßen unterwegs?

Derzeit haben chinesische Hersteller nach Branchenangaben in Deutschland einen Marktanteil von nur etwa einem Prozent. Mehrere Hersteller wie BYD planen aber, ihre Exporte nach Europa stark auszuweiten. Das könnte funktionieren, sagt auch der ADAC. Die aktuellen Modelle seien "weit davon entfernt, veraltete und unsichere Billigautos zu sein". Im Gegenteil: Sie könnten mit einem hohen Sicherheitsniveau, einer umfangreichen Komfort- und Sicherheitsausstattung sowie guter Verarbeitung überzeugen.

Über dieses Thema berichtet der WDR am Freitag auch im Fernsehen, um 18.45 Uhr in der "Aktuellen Stunde".

Unsere Quellen:

  • Interview mit Benjamin Jung
  • Deutsche Presse Agentur
  • Reuters
  • Kraftfahrt-Bundesamt (KBA)
  • ADAC