Geräusch des Tages - 150 Jahre Zahnbohrer

00:45 Min. Verfügbar bis 26.01.2027

Angst vor dem Zahnarztbesuch? Das könnt ihr tun

Stand: 26.01.2025, 18:19 Uhr

Vor 150 Jahren wurde der Zahnbohrer erfunden und revolutionierte die Zahnbehandlung. Das Geräusch löst aber heute noch Ängste aus. Tipps gegen die Angst vor dem Zahnarzt.

Von Katja Goebel

Spätenstens, wenn er in schrillem Ton zu surren beginnt, bricht bei vielen Patienten der Schweiß aus. Allein das Geräusch eines Zahnarztbohrers kann schon Ängste auslösen - auch wenn noch gar nichts passiert ist. Die Bohrer-Phobie ist weit verbreitet, das wissen auch Zahnärzte. Längst haben sie sich teils auf Angstpatienten spezialisiert.

Von Funkenflug bis Tretbohrer

Eins sei vorweg gesagt: Die Erfindung des Bohrers war vor 150 Jahren revolutionär. Bis Anfang des 19. Jahrhunderts stocherten Zahnärzte nämlich noch mit wesentlich unangenehmeren Utensilien in den Mündern ihrer Patienten herum - mit Schabern und stricknadelähnlichen Instrumenten zum Beispiel.

Hausbesuch des Zahnarztes / Litho 1843 Medizin

Hausbesuch des Zahnarztes 1843

Und auch als der US-Amerikaner George Green 1875 das Patent auf den ersten elektrisch betriebenen Bohrer erhielt, war die Behandlung noch keine Freude. Es kam damals auch schon mal zu Funkenflug, Ärzte und Patienten bekamen mitunter sogar Stromschläge. So machte lange Zeit der sogenannte Tretbohrer das Rennen, der wie eine Nähmaschine mit einem Fußpedal betrieben wurde. Greens elektrische Maschine kann sich erst in den Sechzigerjahren des 20. Jahrhunderts durchsetzen. 

Jede Zweite hat Angst vorm Zahnarzt

Doch zurück in die Gegenwart: Mehr als die Hälfte der Deutschen hat laut einer YouGov-Umfrage aus dem Jahr 2020 Angst vor der Zahnbehandlung. Manche gehen aus Angst sogar gar nicht erst hin.

Zahnbohrer

Löst häufig Angst aus: Der Zahnbohrer

Die Gründe sind vielfältig: Menschen fühlen sich im Stuhl auf dem Rücken liegend ausgeliefert - auch weil sie mit geöffnetem Mund nicht sprechen können. Sie sind unsicher, weil sie nicht wissen, was sie erwartet. Sie hatten vielleicht einmal ein schmerzhaftes Erlebnis in der Vergangenheit.

Aufklärung ist der beste Helfer gegen Furcht

Diese Ängste kennt auch der Essener Zahnarzt Thomas Schwindt. "Die meisten Patienten haben Angst vor möglichen Schmerzen, auch wenn die Angst völlig unbegründet ist." Allein das Bohrergeräusch würden viele mit Schmerz verknüpfen. Auch ein Grund dafür, warum die Geräte heute immer leiser und mit weniger Vibration arbeiteten als früher. Einige Patienten kämen auch mit Kopfhörern und Smartphone auf den Behandlungsstuhl, um sich zum Beispiel mit Musik abzulenken, erzählt der Mediziner.

"Der Patient muss wissen, was passiert." Thomas Schwindt, Zahnarzt

Wichtig sei vor allem das einfühlsame Gespräch zwischen Patient und Zahnarzt. "Der Patient muss wissen, was passiert." Das habe übrigens Vorteile für beide Seiten. "Als Zahnarzt weiß ich auch nicht, ob ein Patient sich vielleicht aus Angst extrem verspannt und dann ganz unerwartet reagiert."

Thomas Schwindt

Der Essener Zahnarzt Thomas Schwindt

Wer Angst vor dem Bohren hat, könne natürlich auch immer vorher eine Sedierung bekommen. Dank lokaler Betäubung läuft eine Zahnbehandlung heute meist schmerzfrei ab. Es sei denn, die Angst vor Spritzen ist noch größer. "Dabei sind die Nadeln heute so dünn, die flutschen so rein, das merkt man gar nicht." Das müsse man den Patienten einfach vorher gut vermitteln. Es gebe allerdings auch Patienten, die wollen gar nicht wissen, was während der Behandlung genau passiert. "Um so besser, wenn man das vorher genau abklärt."

Für alle, die stets mit einem mulmigen Gefühl zur Zahnarztpraxis gehen, hat der Zahnarzt folgende Tipps:

  • Schon bei der Terminvergabe offen über die Ängste sprechen
  • Sich vom Arzt auch während der Behandlung in Ruhe erklären lassen, was genau passiert
  • Vorher Pausenzeichen, z.B ein bestimmtes Handzeichen vereinbaren, wenn es dem Patienten zu viel wird
  • Wer eine größere Zahnsanierung vor sich hat, kann in kleineren Behandlungsschritten beginnen und muss nicht alles auf einmal machen lassen
  • Für Patienten mit großer Angst gibt es in manchen Praxen auch die Möglichkeit mit Lachgas oder Hypnose zu arbeiten
Moderner Zahnarztstuhl in einer Praxis

Moderner Zahnarztstuhl in einer Praxis

Und wer dann ganz angstfrei auf dem Behandlungsstuhl liegt, könnte sich vielleicht gedanklich kurz ins 14. Jahrhundert zurückdenken. Da hockten Patienten noch auf dem Boden, den Kopf zwischen den Knien des Arztes. Mangels Alternativen wurden die kranken Zähne damals einfach komplett herausgerissen – von Hufschmieden, Barbieren oder Scharlatanen.

Über dieses Thema berichten wir auch heute in der Sendung Aktuelle Stunde im WDR-Fernsehen um 18.45 Uhr.

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