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COSMO Musikspecial

Musik-Jahresrückblick 2023: Mash-Ups, Tools & KI-Stars

Stand: 12.12.2023, 10:57 Uhr

Im Jahr 2023 hat Künstliche Intelligenz das Musikbusiness durcheinander gewirbelt. Neben KI-Beats und lustigen Mash-Ups brachte das aber auch eine Reihe juristischer Fragen und Existenzsorgen für Musiker:innen mit sich. Der KI-Hype in fünf Songs.

Musik-Jahresrückblick 2023: Mash-Ups, Tools & KI-Stars

COSMO 15.12.2023 06:28 Min. Verfügbar bis 17.12.2024 COSMO


Ghostwriter – "Heart on my sleeve"

Mit diesem Stück fing der KI-Hype in diesem Jahr an. Der Producer Ghostwriter baute einen Beat und erzeugte per KI einen Songtext, der perfekt zum Emo-Rap von Drake und The Weeknd passte. Mit einer anderen KI ließ er dann den Gesang nach den beiden kanadischen Superstars klingen. Deren Label Universal ließ den Song wegen Copyright-Verstößen sperren, weil Ghostwriter illegalerweise ein Tag des Producers Metro Boomin verwendet hatte. Dem Erfolg tat das keinen Abbruch: Als erstes KI-Stück wurde "Heart on my sleeve" dieses Jahr für einen Grammy nominiert.

Johnny Cash sings "Barbie Girl"

Wie leicht zu bedienen KI-Tools mittlerweile sind, sieht man an der Masse an vollkommen absurden Mash-Ups, die so entstanden sind: Frank Sinatra singt Lil Jon, Johnny Cash covert "Barbie Girl". Die lustigsten KI-Mash-Ups gab es auf dem YouTube-Channel "There I ruined it" zu hören - zumindest bis vor kurzem. Anfang November löschte der Channel alle seine Mash-Ups auf YouTube - das Label Universal hatte eine Copyright-Verletzung beklagt. Dabei hatten YouTube und Universal erst im August bekannt gegeben, zukünftig im Bereich von KI-Musik zusammen zu arbeiten. YouTube möchte gerne ein Tool veröffentlichen, mit dem auch unerfahrene User:innen solche Mash-Ups leicht selbst erstellen können. Dafür braucht es aber die Rechte an den Stimmen der Artist. Die Verhandlungen darüber laufen.

Anna Indiana: "Betrayed by this town"

Nirgendwo zeigen sich die kreativen Beschränkungen von KI so deutlich wie bei Anna Indiana. Sie ist die erste KI-Songwriterin. Ihre Stimme und Songtexte, ihre Akkordfolgen und Gesangsmelodien sowie ihre Videos sind alle per KI erzeugt. Entstanden ist dabei ein mittelmäßiger Folk-Pop-Song, der klischeehaft Teenager-Sorgen besingt. Selbst das Setting ist nicht originell. Wie Tausende YouTuber:innen sitzt Anna Indiana in ihrem Zimmer und stellt ihre Songs der YouTube-Community vor. Dementsprechend verhalten waren die Reaktionen, die von "creepy" bis langweilig reichen. Hier zeigen sich die Grenzen von generativer KI: Sie baut auf bereits bestehender Musik auf, aber ist kaum in der Lage, diese kreativ weiterzuentwickeln - sondern liefert letztlich oft eine schlechte Cover-Version menschlicher Songs.

patten: "Fly"

In der Elektronik-Szene ist der Umgang mit KI schon länger alltäglich: Eine ganze Reihe an Audiosoftware zur Klangverbesserung basiert auf KI-Algorithmen. 2023 setzte sich hier aber auch der kreative Einsatz von KI durch. Der britische Producer patten hat mit Hilfe von KI eine Menge Songs generiert und dabei so etwas wie einen eigenen Stil zu entwickeln. Seine mit KI generierten Beats und Gesangslinien klingen bewusst künstlich, schlierenhaft und lo-fi.

Holly Herndon – "Jolene (feat. Holly+)"

Auch wenn KI im Jahr 2023 einen Riesenhype in der Musikindustrie erfahren hat, sind wesentliche Fragen weiterhin ungeklärt. Eine der größten: Wie werden Musiker.innen eigentlich dafür entschädigt, dass KI-Algorithmen von ihren Songs lernen, wie man Musik macht? Die US-Producerin Holly Herndon und ihr Partner Mat Dryhurst haben schon vor Jahren damit begonnen, diese Fragen zu diskutieren und führen mittlerweile eine Doppelexistenz als Künstler:innen und KI-Theoretiker:innen, u.a. in ihrem Podcast "Interdependence" (interpendence.fm). Wegen Familiennachwuchs haben die beiden 2023 zwar keine Musik veröffentlicht, aber ihre Expertise über die künstlerischen und sozialen Implikationen von KI wurde international wahrgenommen - vom New Yorker Magazin bis zum EU-Parlament.

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