WDR 3 Werkbetrachtung: Jean Sibelius' "Belsazars Gastmahl"
Jean Sibelius reduziert seine Bühnenmusik zu "Belsazars Gastmahl" auf eine Orchestersuite und fertigt daraus eine Fassung für Klavier an. Warum diese letzte Version sehr hörenswert ist, erklärt Sibelius' Landsmann, der finnische Pianist Henri Sigfridsson.
Der Komponist Jean Sibelius wendet sich in "Belsazars Gastmahl" einer orientalischen Thematik zu. Wie ein finnischer Karl May beschreibt er in seiner Musik Menschen und Länder, die er nie selbst gesehen hat. Beim Hören von "Belsazars Gastmahl" erscheinen unweigerlich morgenländische Bilder vor dem inneren Auge.
Die ursprüngliche Bühnenmusik schreibt Sibelius zum gleichnamigen Drama von Hjalmar Procopé. Inhaltlich bezieht sich dieses Werk auf das fünfte Kapitel im Buch "Daniel" des Alten Testaments und hat Ähnlichkeit mit Oscar Wildes "Salome".
Procopés Drama beginnt mit einer Prozession, bei der sich die Teilnehmer vor einem Götzenbild verbeugen sollen. Da der jüdische Prophet Ben Oni sich weigert, wird er beschuldigt, ein Attentat auf König Belsazar zu planen. Die Tänzerin Khadra, Lieblingssklavin des Königs, verliebt sich in den Propheten. Zur selben Zeit trifft sich die tatsächliche Planerin des Attentats, die schöne Leschanah, mit dem König. Sie erwirbt seine Gunst und fordert eifersüchtig Khadras Tod. So muss die Sklavin um ihr Leben tanzen, wird von einer Kobra gebissen und stirbt. Am Ende des Schauspiels nimmt Leschanah ein Schwert und tötet König Belsazar - auch sie wird schließlich umgebracht.
Doch die Handlung kann das Publikum, im Gegensatz zur Musik, nicht überzeugen. So entnimmt Sibelius der Bühnenmusik einige Stücke und setzt sie zu einer viersätzigen, farbenreichen Orchestersuite zusammen, die er auch für Klavier bearbeitet. Den Reichtum an Instrumenten an einem Klavier wiederzugeben, ist unmöglich, wenn man es mit so opulenten Klängen zu tun hat.
Jean Sibelius’ Klavierfassung überzeugt vielmehr durch intelligente Transparenz, wie der finnische Pianist und Dozent an der Folkwang Universität der Künste in Essen, Henri Sigfridsson erklärt. Seit Jahren beschäftigt er sich mit den Werken von Jean Sibelius und kennt die Besonderheiten seiner Klaviermusik. In einer Werkbetrachtung setzt er sich mit der Klavierfassung von "Belsazars Gastmahl" auseinander.
Eine Collage von Matthias Sakowski
Redaktion: Eva Küllmer
CD-Tipp
Jean Sibelius: Klaviertranskriptionen
Henri Sigfridsson (Klavier)
Label: Hänssler
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