Gegen viele Widerstände: Erinnerung an den Nationalsozialismus
Stand: 05.11.2023, 08:04 Uhr
Vor 90 Jahren zerstörten die Nationalsozialisten durch ihre grausamen Ideologie alle Hoffnungen auf eine Demokratie in Deutschland. Wie steht es heute um die Erinnerung an die Naziverbrechen? Ist Erinnerung mit Konsequenzen überhaupt erwünscht? Wer bislang an die Verbrechen erinnern wollte, musste viele Widerstände überwinden.
Verschleppte Aufarbeitung
Bald 80 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs steht die deutsche Erinnerungskultur vor vielen Zukunftsfragen. Doch gerade diese Fragen lenken den Blick in die Vergangenheit. Unser Autor begibt sich auf eine Reise durch die Erinnerungslandschaft und trifft Jost Rebentisch, Historiker und Leiter des Bundesverbandes Information & Beratung für NS-Verfolgte. Es geht um Jahrzehnte zunächst ungewollter und in der Folge halbherziger oder verschleppter "Wiedergutmachung" und Erinnerung.
Das El-De-Haus in Köln
Ein weiterer Fall, der synonym für heute wieder aufkommende "Schlussstrich"-Sehnsüchte und Jahrzehnte währende Blockaden des Erinnerns steht, ist die Geschichte des heutigen El-De-Hauses: des einstigen Gestapogefängnisses in Köln. Wir treffen Peter Liebermann, heute Ehrenvorsitzender des zuständigen Fördervereins. Liebermann, selbst Kind von Holocaustüberlebenden, weiß allzu gut: Bis die Inschriften, die die Gefolterten im Keller des Hauses hinterließen, ins öffentliche Bewusstsein fanden, war es ein langer Weg.
Erinnerung als Graphic Novel
Die in Wilna geborene Zeitzeugin Tamar Dreyfuss, die Ende der 1950er-Jahre aus Israel nach Köln kam, erzählte ihre Überlebensgeschichte in Form einer Graphic Novel. Dass Erinnern an NS-Zeit und Massenmord gesellschaftliche Auseinandersetzung bedeutet, weiß sie aus erster Hand.
Die nächste Generation
Wir besuchen ein Ferienprojekt, das der Verein "Zweitzeugen" zusammen mit einem Kölner Nachbarschaftsquartier organisiert. Aus der Geschichte des jungen Mädchens Chava, das mit den Eltern vor den Nazis ins britische Mandatsgebiet Palästina flüchtet, entwerfen Kinder und Jugendliche eine kleine Ausstellung. Sie soll den jungen Leuten den Zugang zu Fragen ermöglichen, auf die auch Historiker bis heute keine sicheren Antworten finden konnten. Für unseren Autor Michael Olmer, Enkelkind zweier Shoahüberlebender, kann nur die geschichtliche Wahrheit Ausgangspunkt auch für die Zukunft der Erinnerungskultur sein. Er findet: Wer über die Zukunft der Erinnerungskultur nachdenken will, muss erst einmal über ihre Vergangenheit nachdenken.
Autor: Michael Olmer
Redaktion: Gerald Beyrodt
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