König, Gegenkönig, König: Die Fürsten im Heiligen Römischen Reich können sich einfach nicht auf einen Kandidaten einigen. Über zwanzig Jahre ist Kaiser Friedrich II. tot, und es gibt immer noch keinen anerkannten Herrscher. Aber dann, im Jahr 1273, finden sie eine Lösung: Rudolf von Habsburg soll König werden.
Überraschend - und doch wieder nicht: Der Graf, 1218 als Spross einer Familie mit viel Land in der Schweiz und im Elsass geboren, scheint stark genug, um sich gegen Konkurrenten durchzusetzen. Die Fürsten halten den 55-Jährigen aber auch für so schwach, dass er ihnen nicht in die Quere kommen würde - sie haben sich daran gewöhnt, ihre Territorien ohne Einmischung von oben zu regieren. Und so wird Rudolf am 24. Oktober 1273 in Aachen zum römisch-deutschen König gekrönt, das "Interregnum" hat ein Ende.
Ein Kompromisskandidat, der weiß, was er will
Aber die Fürsten irren sich gewaltig. Ihr Kompromisskandidat entwickelt sich zu einem profilierten Herrscher. Rudolf sorgt wie erhofft für Recht und Ordnung im Reich, bekämpft die marodierenden Raubritter und die ständigen Fehden, unter denen die Städte leiden. Aber: Er holt auch die Güter und Rechte der Krone zurück, die sich die Fürsten während des Interregnums verschafft haben.
Ahnherr des Hauses Habsburg
Die Macht dazu hat er: Seine Gegner hat er auf dem Schlachtfeld ausgeschaltet, die wichtigsten Fürsten per Hochzeit mit seinen vielen Töchtern an sich gebunden - ein erster Vorgeschmack auf die später so erfolgreiche Habsburger Heiratspolitik. Er schafft es aber nicht, sich zum Kaiser krönen zu lassen. Erst seine Nachkommen regieren in einem Reich, "in dem die Sonne nicht untergeht".
Viel Stoff für Legenden
Rudolf wird von Zeitgenossen als witzig, leutselig, gottesfürchtig und vor allem bescheiden beschrieben. So bescheiden, dass er sein Wams selbst flickt und eigenhändig Rüben aus dem Acker zieht, als er Hunger hat.
Und er hat Sinn für Symbolik: Als die Ärzte ihm eröffnen, dass er nur noch kurze Zeit zu leben hat, reitet er "nach Speyer, wo mehrere meiner Vorfahren liegen, die auch Könige waren". Dort stirbt der Ahnherr aller Habsburger am 15. Juli 1291. Seine Grabplatte im Dom zeigt einen alten Mann, mit vielen Falten im Gesicht und der markanten Habsburger Nase - es galt lange Zeit als das erste lebensechte Porträt eines mittelalterlichen Königs.
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Autorin des Hörfunkbeitrags: Maren Gottschalk
Redaktion: Ronald Feisel
Programmtipps:
"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 15. Juli 2021 an Rudolf von Habsburg. Das "ZeitZeichen" gibt es auch als Podcast.
ZeitZeichen am 16.07.2021: Vor 70 Jahren: Abdankung des belgischen Königs Leopold III.