Das Foto ist in die Weltgeschichte eingegangen: Im Vordergrund drei schlichte, gepolsterte Stühle, modern im Stil der Zeit, links sitzt der Reichstagspräsident Hermann Göring, rechts der zukünftige Vizekanzler Franz von Papen, er wendet sich dem Mann in der Mitte zu: dem neuen Reichskanzler Adolf Hitler.
Um kurz nach 12 Uhr ernennt Reichspräsident Paul von Hindenburg das neue Kabinett. Es ist ein Bündnis aus Nationalsozialisten und Deutschnationalen. Zigtausende NSDAP-Anhänger feiern am Abend mit einem Fackelmarsch auf den Straßen Berlins. Die Nationalsozialisten machen sich daran, den alten Staat, die Demokratie von Weimar, zu vernichten.
Keine "Machtergreifung"
„Als Hitler zum Kanzler ernannt wurde am 30. Januar 1933, war das keine Machtergreifung, sondern Machtübernahme“, sagt der Historiker und Hitler-Biograf Ian Kershaw. „Man könnte sagen, es war eine Machtübergabe, die Macht wurde Hitler eigentlich gegeben, von anderen Kräften her.“
Am 30. Januar 1933 trete das ein, "was Hindenburg im Grunde immer angestrebt hat", sagt der Historiker Wolfram Pyta, Autor einer Biografie über den letzten Reichspräsidenten. „Eine sogenannte Regierung der nationalen Konzentration, das heißt eine Regierung, in der die aus Hindenburg Sicht nationalen Kräfte der politischen Rechten beteiligt sind, und zwar alle Kräfte.“
Konservative Kräfte im Bündnis mit Hitler
Das erst 1932 - nach einem personalisierten Wahlkampf gegen Hitler - wiedergewählte Staatsoberhaupt Hindenburg ist ein greiser Mann mit hoher Popularität. Geschickt hat sich der ehemalige General als Held des Ersten Weltkriegs inszenieren lassen.
Das innenpolitische Klima vergiftet Hindenburg schon kurz nach dem Krieg mit der Dolchstoßlegende, einer Propagandalüge über die angeblich unbesiegte Armee. Hindenburg schätzt Adolf Hitler zwar nicht besonders. Doch er weiß 1933 durchaus, auf welches Pferd er setzt: Mit Hitler an der Spitze einer neuer Reichsregierung kommen vor allem die konservativen Kräfte an die Macht. Und sie werden autoritär, wenn nicht sogar diktatorisch regieren. Aus seiner Sicht: angemessener.
Über die Ursachen des Untergangs der Weimarer Republik sagt die Historikerin Stefanie Middendorf: "Das Jahr 1933 ist ganz sicher nur zu erklären, wenn man sich die breiteren politischen Zusammenhänge anschaut." Sie beschreibt die Weimarer Gesellschaft als eine Nachkriegsgesellschaft, die nie aus dem Krieg raus findet: Hass, Frontenbildung, unerbittliche politische Lagerkämpfe prägen das politische und gesellschaftliche Klima.
Schlägertrupps, Straßenterror und Propaganda
Die erste deutsche Republik schafft sich am Ende selbst ab. Immer wieder hat in den Jahren zuvor die rechte Presse eben die Demokratie verantwortlich gemacht: für die Niederlage im Ersten Weltkrieg, für die Staatsverschuldung, für die Weltwirtschaftskrise.
Hitler und den Nationalsozialisten ist es in den Monaten und Jahren vor diesem 30. Januar 1933 gelungen, eine Millionen-Wählerschaft zu gewinnen. Bei den Wahlen am 6. November 1932 erhält die NSDAP aber nur noch 33,1 Prozent der Stimmen, deutlich weniger als bei der Wahl zuvor. Die Partei hat allerdings eben der Unterstützung der Konservativen und jener, die demokratiemüde geworden sind. Die Partei agiert mit Schlägertrupps, Straßenterror und Propaganda.
Kurz nach der Machtübernahme richten die Nazis erste Konzentrationslager ein. Verfolgt werden am Anfang vor allem politische Gegner der NSDAP - insbesondere Kommunisten. 1939 beginnt mit dem deutschen Angriff auf Polen der Zweite Weltkrieg. Es folgt die Ermordung von sechs Millionen europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland.
Autor des Hörfunkbeitrags: Wolfgang Meyer
Redaktion: Matti Hesse
Programmtipps:
ZeitZeichen auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 30. Januar 2023 an die Ernennung von Adolf Hitler zum deutschen Reichskanzler. Das ZeitZeichen gibt es auch als Podcast.
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