Den Hut tief ins sonnengegärbte Gesicht gezogen, die Kippe im Mundwinkel. Unbeeindruckt, abschätzend und überlegen ist der Blick, mit dem der 34-jährige Clint Eastwood in "Für eine Handvoll Dollar" (1964) ganze sechs Minuten verharrt, ohne ein Wort zu sprechen. Sechs Minuten, in denen er mehr von seinem Potenzial zeigen kann, als in den steinigen Anfangsjahren seiner Karriere.
Eigentlich hat der italienische Regisseur Sergio Leone den Amerikaner nur engagiert, weil für Hollywoodgrößen wie Henry Fonda das Geld fehlt. Eastwood ist bereit, für 15.000 Dollar in Spanien und Italien zu drehen. Die richtige Entscheidung für den bislang unbekannten Schauspieler. "Eine Handvoll Dollar" ist der Auftakt einer späten, aber langen Weltkarriere mit vier Oscars und unzähligen Auszeichnungen.
Schauspieler, Regisseur und Produzent
Geboren wird Clinton junior Eastwood am 31. Mai 1930 in San Francisco - inmitten der großen Wirtschaftsdepression, die seine Familie hart trifft. Der Vater, ein gelernter Buchhalter, nimmt vom Tankwart bis zum Heizer jedes Jobangebot im Norden Kaliforniens an. Werte wie Treue, Fleiß und Sparsamkeit prägen ihn ebenso wie die Rolle des Neulings in der Klasse. "Ich war ein solch introvertierter Einzelgänger, dass ich mich nicht ausdrücken konnte. Ich betete, dass aus mir etwas Extrovertiertes werden möge", erinnert sich Eastwood später.
Nach dem Militärdienst will er Schauspieler werden, muss sich aber zunächst mit kleineren Nebenrollen durchschlagen. Erst die drei Leone-Western "Für eine Handvoll Dollar", "Für ein paar Dollar mehr" und "Zwei glorreiche Halunken" bringen den Durchbruch. Wenige Jahre später tauscht Eastwood Poncho gegen Sakko und erschafft mit dem chauvinistischen und zynischen Polizisten Dirty Harry eine neue Popikone. Der wortkarge, kompromisslose Einzelgänger bleibt sein Grundtypus, der sich wie ein roter Faden durch Eastwoods Filmhistorie zieht. Dann überrascht der kantige Kalifornier mit dem Melodram "Die Brücken am Fluss". Zwar verkörpert er wieder einen Einzelgänger, aber diesmal einen verliebten, romantischen - ohne Revolver und Verbrecherjagd.
Vier Oscars für Eastwood
Eastwood schafft es als einer der wenigen Hollywood-Schauspieler auch als Produzent, Regisseur und Filmmusiker erfolgreich zu sein - und sichert sich so eine gewisse Unabhängigkeit. "Umgib Dich mit den Besten und lass sie einfach gut aussehen", beschreibt er sein Erfolgsrezept. Dabei verzichtet Eastwood auf alles Überflüssige, niemand produziert so schnell und effektiv wie er. "Ich mag es einfach nicht, das Geld und die Zeit anderer Menschen zu verschleudern", sagt Eastwood. Deshalb lässt er sich auch 1986 zum Bürgermeister seiner Heimatstadt Carmel wählen. Er unterstützt die Republikaner, obwohl der Schauspieler den Irakkrieg der Amerikaner scharf kritisiert.
Nach nahezu buchhalterischem System dreht Eastwood ein bis zwei Filme pro Jahr: Einen kommerziellen Streifen für Warner, einen eher künstlerischen für sich selbst. So kann es sich das Multitalent leisten, dass nicht jeder Film ein Erfolg sein muss - aber die meisten werden es doch. Der Western "Erbarmungslos" bringt ihm 1993 seinen ersten Regie-Oscar. Als er ihn das zweite Mal für die Boxergeschichte "Million Dollar Baby" gewinnt, ist Eastwood mit 74 Jahren der dienstälteste Regisseur, der jemals die begehrte Trophäe erhält. Außerdem ist Eastwood bislang der Einzige in Hollywood, der sowohl als Regisseur als auch als Produzent je zwei Oscars verliehen bekommen hat.
Und Eastwood ist ein Beispiel dafür, wie man in Würde altern und noch immer jung bleiben kann. Auch im zunehmenden Alter dreht er weiter, widmet sich neuen Ideen. Themen wie Apartheid, die blutigen Schlachten um die japanische Insel Iwojima, Kindesentführung, Tsunamikatastrophe und Sterbehilfe finden sich in seinen jüngsten Projekten. Sein aktueller Film "American Sniper", über einen der erfolgreichsten amerikanischen Scharfschützen, ist der bisher kommerziell erfolgreichste der über 70 Filme von oder mit Clint Eastwood.
Stand: 31.05.2015
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