Ernst Ferdinand Sauerbruch (1875-1951)  in einer zeitgenössischen Aufnahme

Stichtag

3. Juli 1875 - Ferdinand Sauerbruch wird geboren

Im Oktober 1903 wird der angesehene Breslauer Chirurg Johann von Mikulicz in einem Aufsatz über Darmverletzungen auf den bis dahin unbekannten Mediziner Ferdinand Sauerbruch aufmerksam - und holt ihn an sein renommiertes Institut. Mikulicz, der Gigant der Magenoperationen, überträgt dem mageren, hoch motivierten Sauerbruch eine klare Aufgabe: Er soll herausfinden, wie sich die Brust für Operationen öffnen lässt, ohne dass die Lungen kollabieren.

Sauerbruch tüftelt in Laboren und findet eine Lösung in der Welt der Physik: Der Körper des Patienten liegt in einem Glaskasten mit Unterdruck, der Kopf atmet draußen. Die Ärzte stecken ihre Arme durch luftdicht verschlossene Öffnungen und operieren so im Kasten. Er probiert die Methode erfolgreich an mehreren Hunden aus. Nach mehreren Rückschlägen kann Sauerbruch seine Erfindung öffentlich präsentieren. Diese von ihm gebaute Unterdruckkammer wird die Initialzündung für seine kommende Karriere.

Geschickter Chirurg

Geboren wird Ferdinand Sauerbruch als Sohn eines Webers am 3. Juli 1875 in Barmen, das heute zu Wuppertal gehört. Sein Vater stirbt früh und er wächst beim Großvater auf. Sauerbruch studiert zunächst Naturwissenschaften in Marburg, wechselt dann zu Medizin in Leipzig und Jena. In seinen ersten Arztjahren in den Kliniken von Kassel, Erfurt und Berlin-Moabit fällt sein chirurgisches Talent auf - genauso wie sein manisches Temperament. In Breslau macht er sich als junger Wissenschaftler erstmals einen Namen.

Als sein Fürsprecher Mikulicz stirbt, endet auch für Sauerbruch die Breslauer Ära. Er zieht weiter nach Marburg, Zürich und München. Nach dem Ersten Weltkrieg mit vielen verstümmelten Soldaten forscht er an Prothesen und entwickelt einen künstlichen Arm – den sogenannten Sauerbrucharm. Mittlerweile ist er ein angesehener Chirurg. Wer für ihn arbeitet, darf auf eine Karriere hoffen. Doch der zum Professor ernannte Mediziner verlangt viel von seinen Ärzten. Sie müssen ihr Leben - wie er - nur in der Klinik verbringen. Patienten halten ihn für einen "Halbgott in Weiß". Mitarbeiter, Kollegen und Studenten erleben ihn aber auch geltungssüchtig, herrisch und ausfallend. 1927 holt die Berliner Charité ihn, er wird zum Leibarzt des greisen Reichspräsidenten Paul von Hindenburg.

Freund oder Feind der Nazi-Diktatur?

Umstritten und zwiespältig ist seine Rolle während des Nationalsozialismus: Sauerbruch behandelt Adolf Hitler oder Joseph Goebbels. Er wird mit Orden geehrt, er wirbt 1933 für die Nazis: "Für ein gewaltiges Bekenntnis der Bevölkerung zum Willen des Führers und seiner großen Aufgabe", sagt er. Aber er hilft auch jüdischen Freunden, verfasst Empfehlungsschreiben für geflohene Kollegen und ist nie in der NSDAP. Auch warnt er im Januar 1937, Adolf Hitler, den er seit 1920 kennt, könne "der verrückteste Kriminelle" der Welt werden.

Nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches wird er bei der Entnazifizierungskammer in Berlin vorgeladen. "Das ist doch eine Vergewaltigung eines Mannes, der seine Pflicht getan hat, also ich kann nur staunen", erzürnt er sich und verlässt kurzerhand die Befragung. Doch da leidet der große Chirurg bereits an fortschreitender Demenz. Trotzdem operiert er weiter und macht schwerwiegende Fehler. Die Charité schickt ihn viel zu spät in den Ruhestand. Dennoch suchen viele Kranke ihn zu Hause auf, hoffen auf seine wundersame Hilfe. Es kommt zu Operationen auf dem Küchentisch, die aber bald von einem seiner Söhne verboten werden. Sauerbruch stirbt am 2. Juli 1951 einen Tag vor seinem 76. Geburtstag in Berlin.

Stand: 03.07.2015

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