"Er ist der rätselhafte Held, der aus dem Nichts kommt, um sein Volk zu befreien und Geschichte zu schreiben", sagt Neil Oliver, Haus-Historiker der BBC, über William Wallace. Der schottische Nationalheld und Freiheitskämpfer lehnt sich Ende des 13. Jahrhunderts gegen die Engländer auf. Englische Truppen sind in Schottland eingefallen und metzeln die Zivilbevölkerung brutal ab. König Eduard I. von England setzt den schottischen Anführer John Balliol ab, sperrt ihn ein und reißt dessen Krone an sich.
"Eduard hatte zuvor schon das Königreich Wales annektiert und die Waliser seiner Armee einverleibt", so Historiker Oliver. "Genau das hatte er auch mit Schottland vor." 1296 taucht Wallace aus den nebligen Highlands auf und sammelt eine wachsende Schar von Männern um sich. Er bringt ihnen das Kämpfen bei und organisiert den Widerstand der Schotten. Obwohl Wallace wieder Balliol als König einsetzen will, kämpft auch Robert the Bruce an seiner Seite. Dieser reklamiert ebenfalls die schottische Krone für sich, nachdem er ursprünglich Eduard I. Treue geschworen hat. Nun aber sagt Robert the Bruce: "Kein Mensch kämpft gegen sein eigenes Fleisch und Blut, ich muss der Nation beistehen, zu der ich gehöre."
Schottischer Sieg bei Stirling Brigde
Der Aufstand verläuft zunächst erfolgreich. Wallace verwickelt die Engländer in einen blutigen Guerillakrieg im schottisch-englischen Grenzgebiet. 1297 trifft die englische Armee bei Stirling Bridge auf Wallace und seine Truppe. Da sie zahlenmäßig weit überlegen sind, glauben die Engländer, leichtes Spiel zu haben. Doch Wallace lockt Eduards Heer in die Falle: "Ich habe euch zur Feier geführt, jetzt zeigt, ob ihr tanzen könnt", soll er vor dem Gefecht gerufen haben. Die Schotten kesseln die Engländer ein und schlachten innerhalb weniger Stunden mehr als 5.000 von ihnen ab.
"Die Niederlage bedeutete einen immensen Gesichtsverlust für Eduard", sagt Historiker Oliver. "Aber das Schlimmste für ihn war, dass sie von einem Haufen unerfahrener schottischer Bauern geschlagen worden war." Der Sieg bei Stirling Bridge macht Wallace schon zu Lebzeiten zum Mythos. Der spätere schottische König Robert the Bruce schlägt ihn zum Ritter und ernennt ihn zum "Wächter Schottlands". Doch bald wendet sich das Blatt für Wallace: 1298 führt Eduard I. seine Armee persönlich gegen ihn in die Schlacht und besiegt die Rebellen bei Falkirk.
Kopf und Arme abgeschlagen
Wallace kann vom Schlachtfeld fliehen und taucht unter. Er fürchtet Eduards Rache, der seine Niederlage bei Stirling Bridge nicht vergessen hat. In Glasgow endet allerdings die Flucht von Wallace: Von einem schottischen Gefolgsmann verraten, wird er im Sommer 1305 verhaftet und nach London überstellt. Dort wird er wegen Hochverrats angeklagt. Am 23. August lässt Eduard I. ein grausames Exempel an Wallace statuieren, wie ein Zeitzeuge berichtet: "Er wurde dazu verurteilt, gehängt und geköpft, von seinen Eingeweiden befreit und verstümmelt zu werden." Seine Eingeweide seien verbrannt worden. "Sein Kopf wurde auf der London Bridge zur Schau gestellt, sein rechter Arm auf der Brücke von Newcastle-upon-Tyne, sein linker Arm in Aberdeen."
Stand: 23.08.2015
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