"Ich will so berühmt werden, dass Menschen meine Stimme hören und für fünf Minuten ihre Sorgen vergessen. Ich will, dass die Menschen sich an ausverkaufte Konzerte im Westend und am Broadway erinnern, dass sie sich an mich erinnern", sagte Amy Winehouse einmal.
All das geschah, denn Amy Winehouse war ein Ausnahmetalent, als Sängerin und als Songschreiberin: Sie holte den klassischen Soul in die Gegenwart zurück. Ihr Meilenstein-Album "Back to Black" – zum großen Teil selbstgeschrieben – verkaufte sich zehn Millionen Mal. Ihr Aussehen gehört für immer ins Gedächtnis der Popkultur: die schwarz umrandeten Augen, die aufgetürmten Haare. Aber sie zahlte einen Preis. Im Laufe ihrer Karriere wurde die Sängerin mit der unverwechselbaren Soulstimme immer unsicherer und ängstlicher. Bald war sie abhängig vom Alkohol und von harten Drogen wie Crack. "Nicht der Ruhm hat sie ruiniert", schreibt der Journalist Harald Peters in der "Welt". "Vielmehr hat ihre Verkorkstheit ihre großartige Musik und ihren Ruhm überhaupt erst ermöglicht. Das Kaputte gehörte zu ihrer Persönlichkeit, der Zwang zur Selbstzerstörung war Teil der Faszination."
Erster Plattenvertrag mit 18 Jahren
Geboren wird Amy Winehouse am 14. September 1983 im Norden Londons. Mutter Janis ist Apothekerin, Vater Mitch Taxifahrer und Jazz-Musiker. Amy Winehouse schaut sich viel von ihm ab. "Die Musik, die mir am meisten bedeutet, ist Jazz – schon immer. Ich liebe Jazz, damit bin ich aufgewachsen und ich werde weiter damit wachsen", sagte sie in einem Interview.
Als sie neun Jahre alt ist, verlässt Vater Mitch die Familie. Amy vermisst ihren Vater, wird immer aufsässiger, fliegt von verschiedenen Schulen. Mit 16 Jahren zieht Amy Winehouse in eine eigene Wohnung, singt, schreibt Musik, trinkt, raucht Hasch – und unterschreibt mit 18 Jahren ihren ersten Plattenvertrag.
Russell Brand: "Als käme diese Stimme nicht aus diesem Körper"
Gleich ihr erste Album "Frank" macht Amy in Großbritannien schlagartig bekannt: Es verkauft sich schnell über 900.000 Mal. Der britische Moderator, Schauspieler und Comedian Russell Brand versuchte einmal die Magie zu beschreiben, die Winehouse umgab: "Sie war ja eine seltsam zierliche Erscheinung, und es schien, als käme diese Stimme nicht aus diesem Körper, sondern von einem anderen Ort, aus einer fernen Welt, jenseits von Billie Holiday und Ella Fitzgerald, von dort, wo das wirklich Große entsteht. Ihre Stimme war mit so viel Kraft und Schmerz erfüllt, dass sie ganz und gar menschlich klang und gleichzeitig doch etwas Göttliches hatte."
Amy zieht ins Londoner Szeneviertel Camden, vergnügt sich mit ihren Freunden in Kneipen und Clubs. Russell Brand erinnert sich, wie sie an manchen Tagen durch das Viertel torkelte. "Dieser Freak, nichts als Eyeliner und Bier, der die Chalk Farm Road unter einer toupierten Frisur hinaufschwankte? Über diese Lippen, die ich bislang nur mit einer Zigarette gesehen und Flüche murmeln gehört hatte, kam jetzt dieser heilige Klang."
In Camden lernt sie 2004 ihre große Liebe kennen, den drogenabhängigen Video-Filmer Blake Fielder-Civil. Freunde und Familie sind entsetzt. Amy Winehouse wird süchtig nach Blake und harten Drogen. Als er sie nach einem Jahr verlässt, bricht sie zusammen. Der Erfolg des Albums "Back to Black" bringt Fielder-Civil zurück. Das Paar heiratet 2007, wird 2009 geschieden.
Amy kommt von den harten Drogen los, aber nicht vom Alkohol. Bei Konzerten torkelt sie über die Bühne, ihre Stimme versagt, eine Tournee wird abgesagt. "Wir haben alles versucht: Entzug, Psychotherapie – stundenlang saß die Familie zusammen", sagt ihr Vater Mitch Winehouse.
Mit ihren beiden Alben scheint Amy Winehouse alles gegeben zu haben, was ihr möglich war. Sie stirbt am 23. Juli 2011 mit 27 Jahren. Sie hatte über 4,16 Promille Alkohol im Blut.
Programmtipps:
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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 23. Juli 2016 ebenfalls an Amy Winehouse. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.
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