Großzügige Filmproduzenten gibt es nicht – jedenfalls nicht lange. Artur Brauners CCC-Film, Deutschlands älteste private Produktionsgesellschaft, besteht seit über 70 Jahren. "Wäre mein Vater nicht so gewesen, dass er jede für einen Dreh geliehene Kuh vor der Rückgabe noch gemolken hätte, gäbe es uns heute nicht mehr", sagt seine Tochter Alice.
Als Alice Brauner 1966 geboren wird, steht ihr Vater auf dem Gipfel seines Erfolgs. Für seine Sparsamkeit und Egomanie gefürchtet, herrscht der Berliner Filmmogul über ein Studio-Imperium mit bis zu 500 Mitarbeitern. Für den Selfmade-Unternehmer gibt es nur zwei Meinungen: seine und die falsche. Meistens liegt Artur "Atze" Brauner richtig.
Studiogründung im ausgebombten Berlin
Der Sohn eines jüdischen Holzhändlers kommt am 1. August 1918 im polnischen Łódź zur Welt. Schon als Kind zeigt Abraham, der sich später Artur nennt, ein energisches Wesen und große Leidenschaft für das Kino. Vor den Nazis flieht er mit seiner Familie nach Russland. Er wird von ihr getrennt und entgeht nur knapp den SS-Kommandos.
Mit nichts außer einem Pappkoffer kommt Artur Brauner nach Kriegsende mit seiner Frau Maria ins ausgebombte Berlin. Trotz Hungersnot und Stromsperren luchst er den Alliierten eine Lizenz ab und gründet 1946 in einer früheren Versuchsanstalt für Kampfstoffe seine "Central Cinema Company" (CCC).
Artur Brauner (re.) in den 50er-Jahren mit Filmstar Hans Albers
Brauners Erstling, das KZ-Drama "Morituri", ist ein Totalflop. Von nun an produziert er, was das Publikum sehen will: seichte Unterhaltung mit viel Musik, exotische Abenteuer und Krimis. Die Kinokassen klingeln und Brauner wird neben seinem Ex-Mitarbeiter und schärfsten Konkurrenten Horst Wendlandt zum erfolgreichsten Filmproduzenten der Nachkriegszeit.
Golden Globe für "Hitlerjunge Salomon"
Ob Karl May, Edgar Wallace oder Dr. Mabuse: Der besessen arbeitende Brauner schwimmt auf fast jeder Welle mit, investiert jedoch auch in anspruchsvollere Literaturverfilmungen. Seine Gewinne steckt er in Berliner Immobilien. Als "Opas Kino" Mitte der 60er-Jahre für tot erklärt wird, kann Brauner sein Studio dank üppiger Mieteinnahmen vor dem Aus bewahren.
Seit den 80er-Jahren konzentriert sich Brauner auf die filmische Verarbeitung der Nazi-Zeit. Für "Die weiße Rose" erhält er den Deutschen Filmpreis, für "Hitlerjunge Salomon" in Hollywood sogar einen Golden Globe. Erst 2006 übergibt er die Leitung seiner CCC-Film an Tochter Alice. Mitreden aber will der alte Patriarch auch noch als Hundertjähriger.
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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 1. August 2018 ebenfalls an Artur Brauner. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.
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