"Nichts lässt eine Frau älter aussehen als zur Schau gestellte Kostspieligkeit, Schnörkelei und Kompliziertheit", stellt Coco Chanel noch im hohen Alter fest. Daher verzichtet die Designerin ihr Leben lang auf jeden Firlefanz, bevorzugt schlichte Schnitte und dezente Farben. Das kleine Schwarze, Chanel No. 5, das Tweed-Jäckchen mit Borte: Die Entwürfe von Coco Chanel werden zu Klassikern.
Ihr Gestaltungswille betrifft nicht nur ihre Mode, sondern auch ihren eigenen Mythos. Ihr Leben lang neigt Chanel zur Legendenbildung, verschleiert die Herkunft aus einfachsten Verhältnissen. "Es ist unglaublich, wie sich diese Frau hochgearbeitet und das moderne Frauenbild geprägt hat", sagt der Historiker und Publizist Manfred Flügge. Aber genau das wollte sie nicht erzählt haben, es sollte immer alles schon rosig gewesen sein.
Nähen im Waisenhaus gelernt
Gabrielle Chanel, wie sie eigentlich heißt, wird am 18. August 1883 als zweite uneheliche Tochter eines Hausierers und einer Wäscherin in einem Armenhaus im französischen Saumur geboren. Als sie zwölf Jahre alt ist, stirbt ihre Mutter und ihr Vater gibt sie in ein Waisenhaus. Eine Liebschaft mit dem Industriellensohn Étienne Balsan bringt sie den feinen Damen der Pariser Gesellschaft näher, deren Mode sie kritisch beäugt.
Sie selbst trägt strenge Reitjackets statt bauschiger Kleider, Herrenhemden statt Rüschen – und sticht durch diese androgyne Einfachheit hervor. Mit 26 Jahren trifft sie ihre große Liebe, den reichen Unternehmer Arthur Capel. Mit seiner Unterstützung eröffnet sie 1910 ein Hutatelier, drei Jahre später macht sie im Seebad Deauville ihre erste Boutique auf. Schnell avancierte ihre sportlich-strenge Mode in der High Society zum edlen Luxusprodukt.
Als Capel 1919 bei einem Autounfall stirbt, bestimmt Chanel: "Die Welt wird mit mir trauern". Es ist die Geburtsstunde des "kleinen Schwarzen". Die Trauerfarbe Schwarz wird zum Stil, die Arbeit zu ihrem Lebenselixier. Mit Leidenschaft, Kreativität und Geschäftssinn entwickelt und erhält sie die Marke Chanel. 1921 bringt sie das Parfüm mit der Nummer 5 auf den Markt. Es zählt bis heute zu den erfolgreichsten Düften der Welt.
Comeback im Rentenalter
Chanel führt ein mondänes Leben, heiratet nie, hat zahlreiche Liebhaber – darunter auch ein deutscher Nazi. Bei Kriegsende wird die Modeschöpferin kurzzeitig als Kollaborateurin verhaftet, lebt fortan im Schweizer Exil. Als Chanel mit 71 Jahren im Februar 1954 wieder ihr Haus in Paris eröffnet, ist das Urteil der französischen Presse verheerend. Dennoch zählen bald wieder Stars wie Romy Schneider, Marlene Dietrich, Elisabeth Taylor, Grace Kelly und Jacky Kennedy zu ihren Kundinnen.
"Das spricht für ihre Energie, das sie sozusagen im Rentenalter noch einmal ein Comeback geschafft hat", sagt Historiker Flügge. In den letzten Jahren pendelt die als schwierig und tyrannisch geltende Designerin zwischen ihrem Atelier in der Pariser Rue Cambon und ihrer Suite im Hotel Ritz. Coco Chanel stirbt mit 87 Jahren am 10. Januar 1971 während der Vorbereitungen für ihre letzte Kollektion.
Stand: 10.01.2016
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