100 Gramm schwerer Barren Feingold

9. Juli 1942 - Hochstapler Franz Seraph Tausend stirbt

Stand: 09.07.2017, 00:00 Uhr

Schon der Name klingt geheimnisvoll: Franz Seraph Tausend. Wer so heißt, kann auch Unglaubliches schaffen, etwa Haarausfall stoppen oder Gold herstellen. Zumindest nimmt man dem bayerischen Schwaben so einiges ab.

Franz Seraph Tausend (Todestag 09.07.1942)

WDR 2 Stichtag 09.07.2017 04:17 Min. Verfügbar bis 07.07.2027 WDR 2


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Geboren wird Franz Seraph Tausend als Sohn eines Klempners, der nicht nur Rohre verlegt. Der Vater beschäftigt sich nebenberuflich mit dem Vertreiben von Dämonen bei Menschen und Tieren. "Die Familie hatte schon immer so einen leichten Touch in Richtung Mystik und Magie", erklärt Franz Wegener, der ein Buch über Franz Seraph Tausend geschrieben hat.

Ein qualitätssteigernder Lack für Geigen

Das Lehrerstudium bricht Franz Seraph Tausend aus Geldmangel ab, stattdessen geht er zum Drogisten in die Lehre. Nebenbei liest er alchemistische Schriften, die ihn wahrscheinlich zu seinen späteren "Experimenten" inspiriert haben. Wie schon Generationen von Alchemisten vor ihm, fasziniert Tausend der Gedanke, Gold künstlich herzustellen.

Nach dem Ersten Weltkrieg legt sich Tausend auf seiner Visitenkarte einen Doktortitel zu, ohne je eine Promotion abgelegt zu haben. Der akademische Grad soll seine zweifelhaften Geschäftsideen - von denen es viele gibt - einen solideren Anstrich geben. So bietet Tausend einen Lack an, der einer gewöhnlichen Geige den Klang einer Stradivari entlocken soll und ein Mittel gegen Haarausfall.

Gold herstellen für Reparationszahlungen

Sein größter Coup: Vor einem finanzkräftigen Publikum "verwandelt" er scheinbar einfache Metalle in chemisches Gold. Mit welchen Tricks der charmante Tausend dabei gearbeitet hat, ist bis heute unklar. Seine Goldschöpfung gefällt jedenfalls einigen finanzkräftigen Investoren, er bekommt Kontakt zum Weltkriegs-General und Hitler-Vertrauten Erich Ludendorff.

Der erkennt sofort das Potenzial einer Goldproduktion im großen Stil. Deutschland leidet unter den hohen Reparationsforderungen aus den Versailler Verträgen. Ludendorff und zahlreiche seiner rechten Gesinnungsfreunde schließen mit Franz Tausend einen Pakt, der ihnen vertraglich alle Rechte an den von Tausend entwickelten Verfahren sichert. Zugleich verpflichtet sich Ludendorff, alle Gewinne vaterländischen Zwecken zuzuführen.

Statt Gold wird Geld gewaschen

Das Geld fließt reichlich, rund 1,5 Millionen Goldmark sollen Industrielle und Deutschnationale in die angebliche Goldproduktion gesteckt haben, womit allerdings hauptsächlich rechte Propaganda finanziert wird. Statt Gold wird über die Gesellschaft Geld für die Nationalsozialisten gewaschen, wohl nur wenige Investoren rechnen tatsächlich mit einem Gewinn.

"Für politische Angelegenheiten habe ich mich niemals interessiert", wird Tausend später zu Protokoll geben. Doch er lebt im Dunstkreis der Nationalsozialisten sehr gut. "Er hatte verschiedene Schlösser, in München hatte er eine Villa, er hatte in Tirol sogar eine Burg", sagt Wegener. Man nennt ihn Protz-Tausend.

Ungeklärte Todesumstände

Als Ludendorff ihn 1926 fallen lässt, geht die Gesellschaft in den Konkurs und Tausend wegen Betrugs ins Gefängnis. Nach der Entlassung hält sich der "Goldmacher" nun mit kleinen Betrügereien über Wasser, versucht sich als Heiratsschwindler und landet erneut hinter Gittern, wo er am 9. Juli 1942 aus ungeklärten Umständen stirbt.

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