Das Mobil-Zeitalter auf dem Mars beginnt mit einem unplanmäßigen Überholmanöver. Wegen eines defekten Sonnensegels torkelt die Anfang November 1996 gestartete US-Sonde "Global Surveyor" im Schleichflug dem roten Planeten entgegen. Knapp einen Monat nach ihrem Start hebt auch der Mars-Lander "Pathfinder" in Cape Canaveral ab. Mit 37.000 Kilometern pro Stunde schießt er im All am flügellahmen "Global Surveyor" vorbei.
Fehlschläge begleiten die Mars-Raumfahrt seit ihren Anfängen. Von den sowjetischen Sonden der 70er-Jahre ist keine ohne Totalverlust auf dem Nachbarplaneten niedergegangen. Auch den Amerikanern gelingt nach der "Global Surveyor"-Panne der Start der "Pathfinder" am 4. Dezember 1996 erst im dritten Anlauf. Im Bauch der Landesonde an der Spitze einer Delta-2-Rakete steckt "Sojourner", ein sechsrädriger Rover, der als erstes Fahrzeug über den Mars rollen soll.
Brillante Fotos aus dem "Ares Vallis"
Vier Jahre lang haben Nasa-Experten jedes Detail des Unternehmens penibel erforscht und getestet - für Projektleiter Brian Muirhead beinahe eine Mission Impossible: "Mit einem kleineren Budget als für den Spielfilm 'Titanic' mussten wir ein Raumschiff bauen, ins All bringen und auf dem Mars betreiben." Ein halbes Jahr braucht der "Pfadfinder" für die rund 500 Millionen Kilometer, bis er dem Mars mit 16-facher Schallgeschwindigkeit entgegenstürzt. Raketen und Fallschirme bremsen die Sonde ab. Am 4. Juli 1997, dem Unabhängigkeitstag, landet "Pathfinder" wie geplant im "Ares Vallis" auf der Nordhalbkugel.
Eine Traube von Airbags umhüllt die kostbare Fracht. Sie bewirkt, dass "Pathfinder" mit mehreren sanften Hüpfern auf der von Gesteinsbrocken übersäten Oberfläche auftrifft. Bange Sekunden wartet das Bodenpersonal auf das erste Signal, dann wird klar: Die Low-Budget-Sonde ist optimal gelandet und steht wie eine kleine Pyramide auf dem Mars. Die dreieckigen Seitenflächen klappen auseinander und geben den Weg frei für "Sojourner", das erste ferngesteuerte Marsmobil. Sowohl der etwa kinderwagengroße "Sojourner" als auch die Landeeinheit senden gestochen scharfe Fotos ihrer Umgebung zur Erde.
Traum vom bemannten Flug zum Mars
In den folgenden sieben Wochen entstehen 17.000 Bilder, von denen die Nasa etliche im jungen Word Wide Web veröffentlicht. "Sie wirken, als würde sich gleich die Oberfläche auftun und ein Marsianer vor uns stehen", beschreibt Tagesthemen-Moderatorin Sabine Christiansen deren Faszination. Geologen liefern die brillanten Nahaufnahmen von Felsen wie "Yogi" und "Barnackle Bill" Gewissheit über die Geschichte des roten Planeten. "Die Anordnung der Kämme und der Rillen in den Felsen zeigen, wie dicht und gewaltig einst Wasser über sie hinweg floss. Dank der Farbfotos kommen wir zu dem Schluss: Die Oberfläche des Mars rostet. Das erklärt den roten Staub", sagt Projektchef Brian Muirhead.
Die Nasa sammelt und analysiert mit ihrem ferngesteuerten Minimobil viel mehr Boden- und Gesteinsproben als erhofft. Als die Batterien von "Sejourner" und "Pathfinder" nach sieben Wochen in der Eiseskälte des Mars endgültig aufgeben, kann die Nasa ihre Billig-Mission als überragenden Erfolg feiern. Der Traum von bemannten Ausflügen zum roten Planeten scheint Wirklichkeit werden. Die Technik stehe bereit, es brauche nur den politischen Willen dazu, meint der Wissenschaftler Terry Dickinson. Fast anderthalb Jahre nach dem Ende der "Pathfinder" trudelt endlich auch die havarierte "Global Surveyor" über dem Mars ein. Bis 2006 kartographiert die Sonde den Planeten; dann verschwindet sie nach einem Bedienfehler der Bodenmannschaft im Dunkel des Alls.
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