Raumstation MIR

Stichtag

19. Februar 1986 - Basisblock der Raumstation Mir startet

Stand: 19.02.2016, 00:00 Uhr

"Ein herrlicher Anblick! Der blaue Himmel über der kasachischen Steppe mit dem Feuerschweif der Rakete", schwärmt DDR-Korrespondent Klaus Jürgen Fischer am 19. Februar 1986. Vor seinen Augen katapultiert Proton D 1 den Grundstein für die russische Raumstation ins Weltall. 400 Kilometer über der Erde setzt die Rakete den Container mit dem symbolischen Namen Mir "Frieden" ab. Die Grundsteinlegung für die erste dauerhaft bemannte Mission im Orbit wird ein voller Erfolg.

Die USA sind zunächst geschockt von der souveränen russischen Platzierung der Mir im All. Keine drei Wochen zuvor hat die Challenger-Katastrophe sieben Astronauten das Leben gekostet und die Allmachtsgefühle Amerikas gedämpft. Im Wettlauf zwischen Ost und West haben die Russen nun wieder die Nase vorn. Dass schon bald Astronauten und Kosmonauten aus Ost und West gemeinsam die Weltraum-WG beziehen werden, ahnt zu diesem Zeitpunkt noch keiner.

Kein Krieg der Sterne

Doch bereits zwei Jahre später steigt der französische Astronaut Jean-Loup Chretien als erster Westeuropäer in eine russische Rakete. Da dämmert es im Westen bereits, dass man eine eigene Raumstation nicht gestemmt bekommt. Und im Osten propagiert Gorbatschow plötzlich Glasnost. Ronald Reagans Pläne für ein Raketen-Abwehrsystem im All werden auf Eis gelegt: Politisches Tauwetter nach den Jahren des Kalten Krieges. So wird Mir überraschend schnell zum internationalen Vorposten der Menschheit im All mit jeder Menge westlicher Besatzung.

Der deutsche Astronaut Thomas Reiter erinnert sich an seine Mir-Zeit: "Es war sehr rustikal und eine tolle Herausforderung als Ingenieur." Anders als auf der heutigen Internationalen Raumstation ISS habe man auf der Mir noch mit relativ einfachen Mitteln wie Lötkolben oder Multimeter die Systeme reparieren können. Gemeinsam erforschen nun Ost und West neue Medikamente und Werkstoffe. "Wir bekamen Produkte, die im Vergleich zu irdischen Bedingungen reiner sind, beispielsweise Insulin, Interferon oder Germanium", erklärt der russische Raumfahrt-Pionier Kerim Kerimov bereits zum zweiten Geburtstag der Mir den Nutzen aus der Mission.

Geplanter Absturz nach 15 Jahren

Firmen aus aller Welt schicken nun ihre Forschungsboxen ins All, die Mir ist ständig ausgebucht und Russland bringen die Aufträge viel Geld ein. Nach einer Karambolage mit dem Raumtransporter Progress wird die Mir 1997 schwer beschädigt. Zwar kann die Besatzung das Leck stopfen, doch allen ist klar, dass die Raumstation schnellstens abgelöst werden muss. Die Mir ist zu einem schwebenden Schrotthaufen geworden. Da haben die Großmächte längst erkannt, dass sie sich außerirdisch zusammenraufen können. Wie selbstverständlich planen sie die Nachfolgerin ISS von vornherein gemeinsam.

Nach 15 Jahren im Orbit, 1.600 Zwischenfällen - darunter schwere Brände und Totalausfälle aller Systeme - hat die Station ausgedient. "Die Mir hat ihren Zweck, die Demonstration, was man im All machen kann, voll erfüllt und ist damit eigentlich ein technisches Weltwunder", schwärmt der Ex-Bewohner Reinhold Ewald noch heute. Das Begräbnis der Mir ist ein organisierter Absturz. Das erste dauerhaft bemannte Weltraumlabor verglüht planmäßig am 23. März 2001 beim Eintritt in die Erdatmosphäre.

Stand: 19.02.2016

Programmtipps:

Auf WDR 2 können Sie den Stichtag immer gegen 9.40 Uhr hören. Wiederholung: von Montag bis Samstag um 18.40 Uhr. Der Stichtag ist nach der Ausstrahlung als Podcast abrufbar.

"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.05 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 19. Februar 2016 ebenfalls an den Start der Raumstation MIR. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.