In den späten siebziger Jahren steht Deutschland unter dem Eindruck des Terrors der Rote Armee Fraktion (RAF). Die Bundesregierung verhängt Nachrichtensperren, der Linken schlägt Misstrauen entgegen. Für die Gründung einer linken Tageszeitung ist das ein denkbar schlechter Zeitpunkt. Und vielleicht gerade deshalb wichtig.
Den entscheidenden Impuls gibt der sogenannte Tunix-Kongress an der TU Berlin, der mehreren tausend Linken für drei Tage ein Diskussionsforum gibt. Es folgten die Gründung der "Alternativen Liste", aus der dann die Grünen hervorgehen, sowie die Gründung der Tageszeitung "taz". "Das war eine ziemlich verrückte Idee", sagt Geschäftsführer Karl-Heinz Ruch später.
Was fehlt, ist Geld
Verrückt ist die Idee vor allem deshalb, weil der Zeitungsmarkt in Deutschland gut aufgeteilt ist. Fast alle Zeitungen sind kurz nach dem Krieg entstanden, nur "Bild" kommt 1951 dazu. Trotzdem treffen sich die Zeitungsmacher im September 1978 in Frankfurt. Die meisten sind journalistische Laien.
Am 22. September 1978 kommt die erste Nullnummer der "taz" heraus. Von Anfang an geht es vor allem um Themen, die durch das Raster der anderen Medien fallen. Entsprechend gibt es weder Wirtschafts- noch Finanzteil. Erste Titelgeschichte ist die Revolution in Nicaragua. Zehn Testausgaben produziert das Team, das sich nicht unbedingt eine blühende Zukunft zutraut – schon allein, weil das Geld fehlt.
Es ist die Zeit des Deutschen Herbst. Die Republik steht unter dem Eindruck des Terrors der RAF. Die Politik verhängt Nachrichtensperren, die Presse hält sich daran. Den Linken im Land schlägt Misstrauen entgegen. Auf dem Tunix-Kongress in Berlin im Januar 1978, einem Treffen von Autonomen, Anarchisten und Alternativen, gibt es den entscheidenden Impuls zur Gründung der taz.
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In Zukunft nur noch digital?
Dann entsteht die Idee des Voraus-Abos, bei dem der Leser drei Monate im Voraus zahlt. Das schafft ein hinreichendes Budget. Ab April 1979 erscheint die "taz" täglich: jetzt in Berlin, was in der geteilten Stadt zusätzliche Subventionen bringt.
Auch ihrer Struktur nach will das Blatt alternativ sein: Es gibt einen Einheitslohn von 800 Mark, entschieden wird im Kollektiv. Diese Basisdemokratie bringt auch Probleme. Mitte der 1980er Jahre kommt ein Chefredakteur mit begrenztem Handlungsspielraum.
Eigentum der Leser
Der Fall der Mauer bringt auch für die "taz" die Wende. Die Subventionen werden stark gekürzt, gleichzeitig steigen die Preise. Olaf Scholz (SPD), damals Justiziar bei einem Genossenschaftsverband, rät zur Gründung einer Genossenschaft. Seitdem ist die "taz" Eigentum ihrer Leser.
Aber die Zeiten ändern sich. Geschäftsführer Karl-Heinz Ruch stellt deshalb 2018 in Aussicht, dass die "taz" in Zukunft nur noch digital erscheinen soll.
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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 22. September 2018 ebenfalls an die Gründung der "taz". Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.
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