Die technische Überwachung von Maschinen und Automobilen beginnt mit einer Explosion: 1865 fliegt in einer Mannheimer Brauerei ein Dampfkessel in die Luft, der Heizer stirbt, mehrere Beschäftigte werden verletzt. Ursache ist unter anderem eine mangelhafte Wartung des Kessels. Der Unfall bringt eine Gruppe badischer Unternehmer dazu, im Jahr darauf in Mannheim die "Gesellschaft zur Überwachung und Versicherung von Dampfkesseln" zu gründen.
1906 erlässt das Großherzogtum Baden zum ersten Mal eine Verordnung zur Überprüfung von Kraftfahrzeugen. Die Durchführung übernimmt der Badische Dampfkessel-Revisionsverein, der 1910 eine eigene Abteilung zur "Prüfung von Fahrzeugen und ihren Führern" gründet. 1938 regelt das Reichswirtschaftsministerium die technische Überwachung neu: Aus dem Dampfkessel-Überwachungsverein (DÜV) wird per Dekret der Technische Überwachungsverein (TÜV), der im Reichsgebiet über 14 regionale Prüfungsorganisationen verfügt.
Plakette erleichtert Kontrolle
Im selben Jahr erhält der TÜV den Auftrag, die Verkehrstauglichkeit aller zugelassenen Fahrzeuge regelmäßig zu überprüfen. Per Brief werden die Halter dazu eingeladen. Aber nur wenige reagieren. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg wird die Aufforderung zur Hauptuntersuchung von vielen nicht ernst genommen. Am 1. Dezember 1951 wird deshalb die sogenannte HU für jeden Fahrzeughalter zur Pflicht. Die Regelung ist für die damals nur 56 Prüfer in Deutschland eine Herausforderung: Auf freien Flächen vor Ort müssen sie die rund 700.000 zugelassenen Pkw untersuchen. Feste TÜV-Stationen gibt es noch nicht.
Weil damals wirksame Kontrollmechanismen und Personal fehlen, ignorieren allerdings immer mehr Autofahrer die Einladungen zu ihren TÜV-Terminen. Die Gegenmaßnahme: Zum 1. Januar 1961 wird eine Prüfplakette eingeführt, die auf dem hinteren Kennzeichenschild angebracht wird. Sie zeigt Monat und Jahr der nächsten HU an und erleichtert durch wechselnde Farben die Überwachung. Wenn die TÜV-Plakette abgelaufen ist, drohen nun Bußgelder, und um den entsprechenden Prüftermin muss sich jeder Fahrzeughalter jetzt selbst kümmern.
Großer Markt
Der TÜV unterhält heute 140 Filialen in Deutschland, außerdem hat er Konkurrenz durch weitere Prüfunternehmen wie Dekra und GTÜ bekommen. Der Markt ist deutlich größer als in den 1950er Jahren: Rund 45 Millionen zugelassene Fahrzeuge müssen heute regelmäßig zur Hauptuntersuchung - etwa 90 Euro muss ein Autofahrer dafür zahlen. Das wirkt: Nur noch jedes fünfte Auto fällt bei der HU durch. 1951 wiesen noch knapp 60 Prozent der Autos erhebliche Mängel auf, ein Drittel wurde sogar aus dem Verkehr gezogen.
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