Im engen Tal der Wupper droht Ende des 19. Jahrhunderts der Verkehrskollaps. Der Boom der Tuch-, Garn- und Farbindustrie hat die Bevölkerung der Städte Barmen und Elberfeld in kurzer Zeit um das Dreifache anwachsen lassen. Durch den Gütertransport ist auf der einzigen Straße in der Talachse kaum noch ein Durchkommen. Eine Alternative muss dringend her!
Der Bau einer U-Bahn aber ist wegen des felsigen Untergrunds nicht möglich. Der Kölner Erfinder und Unternehmer Eugen Langen hat die rettende Idee: In seiner Zuckerfabrik werden die Rohstoffe mit einer hängenden Einschienenbahn transportiert. Warum, so schlägt Langen vor, sollte eine solche "Schwebebahn" nicht auch Menschen befördern?
Der Kaiser kommt zur Probefahrt
Bei vielen Bürgern im Wuppertal (die Stadt Wuppertal wird erst 1929 gegründet) löst die Idee einer Personenbahn auf Stelzen und mit Rädern auf dem Dach Proteste aus. Ihnen graust vor einem "Scheusal“ mit "großen unheimlichen Kästen, die hoch in der Luft umhersausen und Pferde erschrecken."
Zwischen Barmen und Elberfeld entzündet sich ein grimmiger Streit. "Bis auf's Messer haben sie sich gequält", erzählt Wuppertals Pressesprecher beim 50. Jubiläum der Stadt: "In Barmer Stadtverordnetenkreisen ist heftig gegen dieses Projekt, das man als ein Elberfelder gesehen hat, angekämpft worden."
Schließlich können sich die Befürworter der "Einschienigen Hängebahn System Eugen Langen" durchsetzen. Im Sommer 1898 beginnt der Bau des Schwebebahngerüstes über der Wupper für das erste Teilstück. Das epochale Projekt interessiert sogar Kaiser Wilhelm II. Im Oktober 1900 unternimmt seine Majestät höchstpersönlich mit seiner Gemahlin eine Probefahrt.
Nur ein Unfall mit Todesopfern
Fünf Monate später, bei der Eröffnung des knapp fünf Kilometer langen Abschnitts, kann die Schwebebahn den Andrang der Fahrgäste kaum bewältigen. Am 27. Juni 1903 ist die "Schwebebahn Barmen-Elberfeld-Vohwinkel" mit 20 Stationen und einer Gesamtlänge von 13,3 Kilometern Länge endgültig fertiggestellt. An das Quietschen über ihren Köpfen gewöhnen sich die Wuppertaler schnell. Sie sind stolz auf das Wahrzeichen ihrer Stadt, das heute als weltweit sicherstes Verkehrsmittel gilt.
montiertes Foto: Elefant Tuffi stürzt aus der Schwebebahn
Auch Zirkuselefant Tuffi, der 1950 bei einer Werbefahrt in die Wupper stürzt, kommt mit ein paar Schrammen davon. Nur einer der 17 Unfälle in der langen Geschichte der Schwebebahn endet tragisch: 1999 sterben fünf Menschen beim Absturz eines Wagens, 47 Fahrgäste werden verletzt.
Programmtipps:
Auf WDR 2 können Sie den Stichtag immer gegen 9.40 Uhr hören. Wiederholung: von Montag bis Samstag um 18.40 Uhr. Der Stichtag ist nach der Ausstrahlung als Podcast abrufbar.
Stichtag am 28.06.2018: Vor 180 Jahren: Krönung der britischen Königin Victoria