Da fehlen dem "Tagesschau"-Chefsprecher glatt die Worte. "Ich frage mich, was soll denn das?" zitiert "Bild" den stets in staatstragender Pose vor der Kamera sitzenden Karl-Heinz Köpcke. Der Unwillen von "Mr. Tagesschau" gilt einem "unseriösen" Seitensprung seines Kollegen Lothar Dombrowski.
Der wagt es 1971 als erstes Aushängeschild des ARD-Flaggschiffs, in den Niederungen der TV-Unterhaltung zu gastieren – und das auch noch als Sänger. Doch der schlanke, gut aussehende Dombrowski, gerühmt als einer der bestgekleideten Männer im Fernsehen, macht nicht nur im "Tagesschau"-Studio, sondern auch auf dem Show-Parkett eine gute Figur. Schließlich hat der "schöne Dombie", so sein Spitzname, nicht nur das Sprechen, sondern auch das Singen gründlich erlernt.
Von der „Tagesschau“ zum „Mittagsmagazin“
Lothar Dombrowski, 1930 im westpreußischen Bromberg geboren, studiert in Berlin zunächst Medizin. Nach einigen Semestern wechselt er die Richtung, studiert an der Berliner Musik-Hochschule Gesang und schließt mit Examen ab. 1960 engagiert ihn das Theater Kaiserslautern als lyrischen Bariton. Dombrowskis sonore Stimme kommt auch in Hörfunk und Fernsehen gut an. 1965 wirbt ihn der Südwestfunk Baden-Baden als Sprecher und Moderator an. Zwei Jahre später wird er vom NDR in den elitären Kreis der "Tagesschau"-Sprecher aufgenommen.
Trotz einiger erfolgreicher Ausflüge in die Unterhaltung gilt Lothar Dombrowski in Kollegenkreisen als bescheiden und zurückhaltend, Klatschgeschichten und Star-Allüren: Fehlanzeige. Am wohlsten fühlt sich der belesene und vielseitig interessierte Dombrowski im Hörfunk. So lernen ihn auch die WDR-Radiohörer schätzen, als er von 1973 an regelmäßig das beliebte "Mittagsmagazin" auf WDR 2 moderiert. Wenige Monate später verlässt Dombrowski die "Tagesschau" in Hamburg und wechselt als fest angesteller Sprecher und Moderator ins Kölner WDR-Funkhaus.
Verhustete Nachrichten
Ob als diplomatischer Gastgeber bei "Mittwochs in …", als markante Stimme in Hörspielen oder als "Mittagsmagazin"-Moderator, Lothar Dombrowski ist immer gründlich vorbereitet auf Sendung. "Er konnte sich in den Hintern beißen, wenn etwas nicht so lief, wie er es sich vorgestellt hatte", erinnert sich Kurt Gerhardt, langjähriger Leiter des "Mittagsmagazins", an die Jahre mit "Dombie". Ein einziges Mal muss das stimmliche Markenzeichen des WDR kapitulieren: Im Januar 1980 spricht Dombrowski trotz schwerer Erkältung die Morgennachrichten und erleidet "on Air" einen derartigen Hustenanfall, dass ein Kollege einspringen muss.
Von 1975 an bis zu seiner Pensionierung ist Dombrowski zudem als Leiter des Aktuellen Sprecherdienstes für den WDR-Nachwuchs am Mikrofon verantwortlich. "Ihnen ist es zu verdanken, dass der WDR heute über ein Sprecherinnen- und Sprecherpotenzial mit hohem Niveau verfügt", lobt Intendant Friedrich Nowottny, als Dombrowski Ende 1993 mit 63 Jahren in den Ruhestand geht. Nach langer, schwerer Krankheit stirbt er am 2. September 2001 in seinem Haus in Bergisch Gladbach.
Stand: 02.09.2011
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