"Eine edle Breguet-Uhr zu tragen verleiht einem das Gefühl, das Gehirn eines Genies in der Tasche zu haben." Sir David Salomons, dem das Zitat zugeschrieben wird, wusste, wovon er sprach. Der leidenschaftliche Londoner Sammler besaß eine der berühmtesten und teuersten Taschenuhren der Welt: die ultra-komplizierte Breguet N° 160, einst konstruiert für Frankreichs Königin Marie-Antoinette.
Ihr Schöpfer, der am 10. Januar 1747 in der Schweiz geborene Abraham-Louis Breguet, gilt als begnadetster Uhrmacher des 18. und 19. Jahrhunderts. Im Gegensatz zu den dickbauchigen, reich verzierten Barockuhren entwirft Breguet schlanke, flache Taschenuhren, deren Zeiger mit einem Ring unter der pfeilförmigen Spitze bis heute das Markenzeichen der von ihm begründeten Manufaktur sind. Breguet erfindet bahnbrechende technische Raffinessen und Spezialfunktionen, die seine Uhren zu bewunderten, einzigartigen Präzisionszeitmessern machen.
Ein Uhrenfall macht Furore
Mit 15 Jahren verlässt Abraham-Louis Breguet die väterliche Uhrmacherei in Neuchatel, um bei Pariser Meistern in die Lehre zu gehen. Schnell beweist der junge Schweizer nicht nur geniales, mechanisches Geschick, sondern auch großes Talent als Geschäftsmann. Als er sich am Quai de l’Horloge, am Uhrenkai, eine Werkstatt einrichtet, öffnet einer seiner Lehrer dem als sympathisch-intelligenten Zeitgenossen geschätzten Uhrmacher die Türen zu aristokratischen Kreisen. Bald kann Breguet Königs- und Fürstenhäuser, kirchliche Würdenträger und den osmanischen Sultan zu seinen Kunden zählen.
Während eines Empfangs lässt Breguet einmal wie zufällig seine Uhr fallen. Doch welch Sensation: Zum allergrößten Erstaunen der Umstehenden läuft die Uhr weiter. Breguet hatte die Pare-chute, die Stoßsicherung erfunden, was durch die clevere Vorführung sofort Furore macht. Unermüdlich feilt der erfolgreiche Uhrmacher weiter an der Vervollkommnung seiner Chronometer. 1783 erhält Breguet auf mysteriösen Wegen den Auftrag, für Königin Marie-Antoinette all seine Erfindungen in einer einzigen Luxusuhr zu verwirklichen.
Am Eiffelturm verewigt
40 Jahre lang, bis zu Breguets Tod, arbeiten zwei Dutzend Uhrmacher nach seinen Plänen an dem Wunderwerk. In dem nur sechs Zentimeter großen mechanischen Mikrokosmos sind außer der Stoßsicherung unter anderem verborgen: Selbstaufzug, Kalender mit Tages- und Monatsanzeige, Schaltjahrzyklus, metallisches Thermometer, auf Knopfdruck auslösbarer Sekundenzeiger, Ankerhemmung und Gangreserve, sowie Breguets vielleicht bedeutendste Erfindung, das Tourbillon. Der sich in einem winzigen Gehäuse drehende Regulator gleicht Lageveränderungen und Schwerkrafteinwirkung aus, was die Ganggenauigkeit der Uhr noch erhöht.
Marie-Antoinette selbst wird ihre unschätzbar teure Uhr allerdings nie zu Gesicht bekommen. Zehn Jahre nach der Auftragserteilung fällt ihr Kopf unter der Guillotine. Rund 4.000 Uhren, jede ein Unikat, entstehen in Breguets Werkstatt. Napoleon bestellt bei ihm; für dessen Schwester konstruiert er die erste Armbanduhr der Welt. Zar Alexander I. stattet Breguet sogar einen Besuch ab und ist begeistert von einer neuen Erfindung, der sympathetischen Pendüle: Die Taschenuhr wird dabei nachts in eine kleine Tischuhr eingefügt, die sie aufzieht und die korrekte Zeit einstellt. Bis ins hohe Alter arbeitet und erfindet der Begründer der hohen Uhrmacherkunst weiter. Ausgezehrt von zahllosen Reisen quer durch Europa stirbt er am 17. September 1823 in Paris. Frankreich ehrt ihn später mit einer besonderen Auszeichnung. Unter 72 Wissenschaftlern und als einziger von zwei Ausländern wird Abraham-Louis Breguets Name mit einer Gravur am Eiffelturm verewigt.
Stand: 10.01.2012
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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.05 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 10. Januar 2012 ebenfalls an den Uhrmacher Abraham-Louis Breguet. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.