Er weiß aus eigener Erfahrung, was soziale Unterschiede bedeuten: Der Sänger, Entertainer und Schauspieler Harry Belafonte wird am 1. März 1927 in New York geboren. Als Sohn eines Matrosen aus Martinique und einer Hilfsarbeiterin aus Jamaika wächst er in einem Getto im Stadtteil Harlem auf. Belafonte verbringt als Kind auch fünf Jahre in der Heimat seiner Mutter. Dort verbringt er viel Zeit am Hafen, geht mit anderen Jungs schwimmen. "Aber ich habe auch den Liedern und Geschichten zugehört, die die Seeleute gesungen und erzählt haben", erinnert er sich später. Dort lernt er den Calypso-Sound der Karibischen Inseln kennen, der in der Kolonialzeit Anfang des 20. Jahrhunderts entstanden ist und seinen Ursprung in der Musik der afrikanischen Sklaven hat.
Doch bevor Belafonte seine Gesangskarriere startet, zieht es den jungen New Yorker zum Schauspiel. Der erste schwarze Hamlet der Theatergeschichte will er werden. Nachdem er im Zweiten Weltkrieg bei der US-Navy gedient hat, nimmt er gemeinsam mit Marlon Brando und Tony Curtis Schauspielunterricht. Mitte der 1950er Jahre bekommt er erste Rollen und wird zeitgleich auch als Sänger bekannt. 1956 veröffentlicht Belafonte "Calypso". Eine Platte, die er eine Million Mal verkauft - als erste Künstler überhaupt. Lieder wie "Mathilda" oder "Banana Boat Song" werden zu Hits.
Als Bürgerrechtler engagiert
Belafonte sprüht vor Lebensenergie, hat Ausstrahlung, Talent und sieht blendend aus. Von seiner selbstbewussten jamaikanischen Mutter hat er gelernt, sich - trotz seiner dunklen Hautfarbe - nicht als Mensch zweiter Klasse zu fühlen. Der "King des Calypso" tritt im Fernsehen auf, verkauft über 100 Millionen Platten und spielt auch in zahlreichen Filmen mit, wie etwa in "Kansas City" von Robert Altman. 1961 tritt Belafonte bei der Gala zur Amtseinführung des US-Präsidenten John F. Kennedy auf. Diese Popularität nutzt Belafonte, um für seine politischen Überzeugungen einzutreten: "Wenn man, so wie ich, bestimmte Erfahrungen gemacht hat, dann hat man keine Wahl, die Stimme zu erheben zu dem, was die Mächtigen tun."
Befreundet mit Martin Luther King und Robert Kennedy engagiert sich Belafonte in der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung, setzt sich gegen den Vietnamkrieg und die Apartheid in Südafrika ein und wird UNICEF-Botschafter. 1985 gehört er zu den Mitinitiatoren des Schallplatten-Projekts "We are the World", dessen Erlös als Spende an Hungernde in Afrika fließt. Für sein musikalisches Lebenswerk wird Belafonte 2000 mit einem Grammy ausgezeichnet.
"Zeigen, wie es sein könnte"
Als 2003 die USA den Irak angreifen, zitiert Belafonte auf einer Demonstration John F. Kennedy: Wenn die Menschheit den Krieg nicht bezwinge, werde der Krieg die Menschheit bezwingen. Den amerikanischen Präsidenten George W. Bush bezeichnet der Entertainer als "größten Tyrannen und Terroristen". Das hat Konsequenzen: Als Martin Luther Kings Witwe Coretta 2006 stirbt, steht Belafonte zunächst auf der Liste der Trauergäste. Doch dann: "Samstag meldete sich Bush seine Teilnahme an, Montag wurde ich ausgeladen."
Seine Musik- und Bühnenkarriere hat Belafonte mittlerweile beendet. Er engagiert sich aber weiter sozial und setzt sich etwa für die Belange jugendlicher Straftäter in US-Gefängnissen ein. Sein Motto lautet: "Die Aufgabe der Kunst ist es, nicht zu zeigen, wie das Leben ist, sondern wie es sein könnte."
Stand: 01.03.2012
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