Hanna Reitsch, Pilotin

Stichtag

29. März 1912 - Hanna Reitsch wird geboren

Für Hanna Reitsch ist 1937 ein wichtiges Jahr. Die 25-Jährige überquert als erste Frau mit einem Segelflugzeug die Alpen, probiert die erste deutsche Hubschrauber-Konstruktion aus und wird die erste Flugkapitänin der Welt. Reitsch ist eine Rekordhalterin nach dem Geschmack der Nationalsozialisten. Im gleichen Jahr wird sie von Generaloberst Ernst Udet zur Versuchspilotin der Luftwaffe berufen. Sie testet aber nicht einfach nur neue Militärflugzeuge. Sie ist auch eine begeisterte Anhängerin Adolf Hitlers.

Schon als kleines Kind will Reitsch, die am 29. März 1912 im schlesischen Hirschberg als Tochter eines Augenarztes geboren wird, fliegen lernen. "Ich sehnte mich ja nur nach einem, ich wollte hinauf", erinnert sie sich später. Nach dem Abitur darf Hanna Segelfliegen. Als erste ihres Kurses legt sie die Prüfungen ab und begeistert ihren Fluglehrer Wolf Hirth mit ihren Künsten. Er genehmigt Extraflüge. So kommt 1932 der erste weibliche Dauer-Segelflugrekord zustande: fünfeinhalb Stunden in der Luft. Es ist der erste von insgesamt 40 Rekorden, die sie im Lauf ihres Lebens erringt. Ihr Berufsziel ist es zunächst, "fliegende Missionsärztin" zu werden. Doch sie gibt ihr Medizinstudium schließlich auf. Das Angebot 1934 Testpilotin an der "Deutschen Forschungsanstalt für Segelflug" zu werden, ist zu verlockend für sie.

"Besessene Hingabe für den Führer"

Die Ergebnisse ihrer Tests dienen allerdings nicht nur der Sportfliegerei. Sie führen geradewegs zur Entwicklung des Sturzkampffluges. Reitsch fliegt sogenannte "Stukas" (Sturzkampfflugzeuge), Jagdbomber, Jet- und Raketenflugzeuge. Trotz mehrfacher schwerer Verletzungen und monatelangen Krankenhausaufenthalten fliegt sie weiterhin. Sie testet auch eine Sonderkonstruktion der "Vergeltungswaffe" V1 - eine bemannte Gleitbombe. Selbstmordkommandos sollen mit der V1 strategische Ziele der Alliierten ansteuern und vernichten. Freiwillig melden sich 70 Kandidaten für die tödliche Mission. Die einzige Frau darunter: Hanna Reitsch. Für ihr Engagement wird sie von der NS-Presse als Star gefeiert und unter anderem von Hitler persönlich mit dem Eisernen Kreuz erster Klasse ausgezeichnet.

Legendär ist Reitschs Flug in den letzten Kriegstagen ins von den Russen belagerte Berlin. Direkt vor dem Brandenburger Tor landet sie das mehrfach getroffene Flugzeug und verbringt drei Tage im "Führerbunker". "Die Hanna Reitsch kam strahlend zu ihrem verehrten Führer", erinnert sich Traudl Junge, Hitlers Sekretärin. "Ich habe noch nie eine Frau gesehen, die mit solch besessener Hingabe den Führer begrüßt hat und die so todesbereit war für ihn - und zwar nicht wie die Eva Braun fügsam, sondern kämpferisch."

"Hatte mit Politik nichts zu tun"

Nach dem Krieg inhaftieren die Alliierten die 1,55 Meter große Fliegerin. Journalisten interessieren sich für ihre Nähe zu den Herrschenden des "Dritten Reichs". Reitsch, die nie Mitglied der NSDAP war, fühlt sich fälschlicherweise auf eine politische Bühne gezerrt, wo sie nie hingehört habe: "Ich lebte in der Forschung und hatte mit Politik nicht das Leiseste zu tun." Zeit ihres Lebens sieht sich Reitsch als ungerecht Beschuldigte, deren Einsatz für ihr geliebtes Vaterland nicht gewürdigt wird.

Reitsch gibt das Fliegen nicht auf: Ab 1954 ist sie in der "Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt" als Testpilotin tätig. Sie bringt die Segelfliegerei nach Indien und Ghana, wird deutsche Segelflugmeisterin und stellt weitere Flugrekorde auf. Sie stirbt am 24. August 1979 im Alter von 67 Jahren an Herzversagen in Frankfurt am Main.

Stand: 29.03.2012

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