Edgar Rice Burroughs ist ein Verlierertyp. Zumindest sieht sich der 1875 in Chicago geborene Mann mit dem schütteren Haar in dieser Rolle. Rinderzüchter ist er gewesen, als Goldgräber hat er sich versucht. Nun ist er als Vertreter für Bleistiftanspitzer unterwegs. Seine große Leidenschaft aber gehört der "Pulp Fiction": jenen mit schneller Feder geschriebenen Groschenheften, die ihre Leser entführen in eine andere, zumeist exotische oder in der Zukunft angesiedelte Welt.
Adeliger Naturbursche
Eines Tages entscheidet Burroughs, sich selbst einmal in Pulp Fiction zu versuchen. Er beginnt mit den damals beliebten Science-Fiction-Geschichten, mit denen er schon kleine Erfolge erzielen kann. Der große Durchbruch aber gelingt ihm am 25. Oktober 1912. Da publiziert das amerikanische Magazin "The All-Story" seine von Rudyard Kiplings "Dschungelbuch" (1894) inspirierte Geschichte "Tarzan bei den Affen". Die Titelfigur wird zum mythischen Helden des 20. Jahrhunderts.
"Tarzan bei den Affen" erzählt vom Schicksal eines adeligen Findelkindes, das nach dem Tod seiner Eltern im afrikanischen Dschungel von Affen großgezogen wird und dort zum Herrn über die Tiere des Urwalds wird. Federleicht von Liane zu Liane schwingend, muss der nur mit einem Lendenschurz bekleidete Held, dessen Name in der von Burroughs erfundenen Affensprache "Weißhaut" bedeutet, gegen Krokodile und Löwen kämpfen – oder auch, da der Autor Afrika nur vom Hörensagen kennt, gegen Tiger. Und er bekommt mit Jane eine blonde Frau an seine Seite, die sich in seine muskulöse Gestalt verlieben darf.
Tarzan-Turnschuhe und Tarzan-Kaugummi
Die Weltflucht und die animalische Kühnheit der Geschichte kommt beim Publikum so gut an, dass Burroughs seine Story 1924 zu einem Roman ausbauen darf. In der Folge erscheinen nicht nur 23 Fortsetzungen: Tarzan wird auch zum Filmhelden. 1918 noch als Stummfilm mit Elmo Lincoln eingespielt, bekommen die Zuschauer 1930 auch den markanten Schrei des Helden zu Gehör. Berühmt werden vor allem die Tarzan-Filme mit dem Schwimmer Johnny Weissmüller in der Hauptrolle und mit Maureen O’Sullivan als Jane.
Dabei entpuppt sich Burroughs zusehends als Verkaufsgenie. Neben Romanen, Comics und Filmen kommen so immer mehr Merchandising-Produkte auf den Markt. Vom Tarzan-Turnschuh über Tarzan-Figuren bis hin zu Tarzan-Benzin oder Tarzan-Kaugummi ist alles zu haben.
7.000 US-Dollar bekommt Burroughs 1912 für "Tarzan bei den Affen". Als er 1950 mit 74 Jahren im kalifornischen Encino stirbt, hat er ein Millionenvermögen angehäuft.
Stand: 25.10.2012
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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.05 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 25. Oktober 2012 ebenfalls an die erste Tarzan-Geschichte. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.