Stichtag

18. November 1907 - Kubanischer Musiker Compay Segundo wird geboren

Alles hätte Compay Segundo für möglich gehalten, nur nicht, mit 90 Jahren noch einmal in Amerikas nobelstem Konzertsaal aufzutreten. Doch am 1. Juli 1998 sitzt der steinalte kubanische Gitarrist tatsächlich auf der Bühne der Carnegie Hall, singt mit brüchig-warmer Stimme seinen Hit "Chan Chan" und versprüht dabei so viel Lebensfreude, dass es das Publikum zu stehenden Ovationen hinreißt. 

New York, Amsterdam, Berlin oder Paris - wo immer Compay Segundo mit seinen nicht viel jüngeren Kollegen Ibrahim Ferrer, Ruben Gonzales und Omara Portuondo auftritt, bringt die als Buena Vista Social Club berühmt gewordene Gruppe die Menschen zum Toben. Unbestrittener Star der Rentner-Band aber ist ihr Methusalem Compay Segundo, ein charmanter Grandseigneur mit Panama-Hut, der jeden Moment seines späten Ruhms mit verschmitztem Augenzwinkern genießt.

18 Jahre lang Zigarren gedreht

Der 1907 als Francisco Repilado in Santiago de Kuba geborene Musiker wächst in bescheidenen Verhältnissen auf und bringt sich selbst das Gitarrespielen bei. Seine Heimat im Osten Kubas ist die Wiege des Son, einer Musik, die aus dem Zusammenspiel spanischer Gitarren und den Rhythmen afrikanischer Sklaven entstand. Mit 21 Jahren entwickelt Repilado die Armónico, eine siebensaitige Gitarre, die den besonderen Klang des Son noch verstärkt. Bald wird die Musikszene Kubas auf sein Talent aufmerksam und Repilado erhält Engagements in bekannten Bands.

Zusammen mit Lorenzo Hierrozuelo gründet Repilado 1942 das Duo "Los Compadres". In dieser Zeit erhält er seinen Künstlernamen Compay Segundo (Zweiter Kamerad), da er neben Hierrozuelo, dem Compay Primero, die zweite Stimme singt. 1955 trennen sich die in ganz Südamerika bekannten "Compadres" im Streit. Compay Segundo findet Arbeit in der legendären Montecristo-Manufaktur, wo er 18 Jahre lang Zigarren dreht – 350 Stück am Tag. Während Kubas Musik nach Fidel Castros Revolution auf Anpassungskurs geht, bleibt Compay Segundo dem Son treu und besingt weiter unpolitisch das Leben, die Frauen und die Liebe.

Durch Wenders-Film zu Weltruhm

Nach kleineren Auftritten in Kuba und im Ausland reist Compay Segundo 1989 mit seinem neuen Lied "Chan Chan" nach New York. Er ergattert tatsächlich einen Plattenvertrag und macht die Bekanntschaft des experimentierfreudigen Gitarristen Ry Cooder. Seit den 70er Jahren von Kubas traditioneller Musik fasziniert, bringt Cooder in Havanna einige Legenden des Son zusammen. 1996 nimmt er mit ihnen und Compay Segundo das Album "Buena Vista Social Club" auf, benannt nach einem einst bekannten Veranstaltungsort in Havannas Viertel Buena Vista. Mit einem Grammy ausgezeichnet, verändert die CD das Leben der bereits in Vergessenheit geratenen Künstler schlagartig.

1998 dreht der Regisseur Wim Wenders einen Film über Compay Segundo und die Alt-Star-Band. Seine hoch gelobte Dokumentation "Buena Vista Social Club" mit bewegenden Bildern ihrer ersten Konzerte macht die "Super-Abuelos" (Super-Opas) endgültig zu sogar in Japan bejubelten Weltstars. Mit glänzenden Augen und der Galanterie eines Lebemannes alter Schule singt der über 90-jährige Compay Segundo auch vor dem Papst.

"Zigarren, Rum, Frauen und Musik", antwortet er schelmisch auf Journalisten-Fragen nach dem Geheimnis seiner unglaublichen Vitalität. "Ich habe fünf Söhne und im Moment arbeite ich daran, dass es sechs werden." Das ist dem so gar nicht greisenhaften Schwerenöter leider nicht mehr vergönnt. Am 14. Juli 2003 stirbt Compay Segundo 95-jährig in Havanna an einem Nierenleiden.

Stand: 18.11.2012

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