Alte Weinflaschen

Stichtag

19. Februar 1958 - Valentin Korn wird verurteilt

Es ist der erste große Weinskandal, der in der Bundesrepublik Deutschland aufgedeckt wird: Der Staatsanwalt wirft Valentin Korn vor, rund zwei bis drei Millionen Liter gepanschten Wein verkauft zu haben. Zwischen 1953 und 1957 habe sich der Weinküfer aus Geisenheim im Rheingau dafür tonnenweise Chemikalien besorgt: fast 240.000 Kilo Weinzucker, gut 5.700 Kilo Weinsäure, gut 3.500 Kilo Zitronensäure, gut 4.800 Kilo Glyzerin, fast 760 Kilo Pottasche, 200 Kilo Zuckercouleur, 120 Kilo Ammoniumphosphat und 530 Kilo Zymol.

Chemikalien verursachen Kopfschmerzen

Am 27. Januar 1958 beginnt vor der dritten Strafkammer des Landgerichts Wiesbaden der Prozess gegen Korn. Dem Richter gesteht der Weinhändler: "Von Herbst 1955 an habe ich laufend ausländischen Most bezogen, dem ich zwei Teile Wasser zugesetzt habe - also auf 100 Liter Traubensaft kamen 200 Liter Wasser." Um die Manipulation zu verdecken, habe er dann die Chemikalien zugesetzt. Zunächst ist die Trickserei nicht aufgefallen: Der so fabrizierte Wein gelangt zum Beispiel unter den Markenbezeichnungen "Liebfrauenmilch" und "Niersteiner Domtal" auf den Markt. Auch 100.000 Flaschen Sekt werden als "Geisenheimer Kabinett" verkauft - durch Beigabe von Kohlensäure konsumentenreif gemacht.

Jahrelang bleibt der Betrug unentdeckt. Erst als Konsumenten nach dem Genuss von Korns Produkten über einen starken Kater klagen, der von den zugesetzten Chemikalien herrührt, kommt man ihm auf die Spur. Doch statt Reue zu zeigen, scherzt der Mittvierziger vor Gericht: "Ich möcht noch einen Vorschlag machen, und zwar habe ich ja noch Steuerschulden und in Geisenheim liegen diese Bestände." Man könne doch diesen restlichen Kunst-Wein unter einer "Fantasiebezeichnung" verkaufen. "Und zwar hätt ich mir vorgestellt unter 'Korns Alkolat'."

Eier statt Kunstwein

Doch am 19. Februar 1958 - einem Aschermittwoch - ist die karnevaleske Vorstellung von Korn vorbei. Der Richter verurteilt ihn zu zwei Jahren und sechs Monaten Gefängnis. Allerdings kommt Korn schon Ende 1959 frei. Da ihm der Richter für die Dauer von fünf Jahren verboten hat, Getränke herzustellen, legt sich Korn ein paar Hühner zu und verkauft fortan Eier.

"Er wurde dann natürlich auch ein bisschen spöttisch darauf angesprochen, was er denn jetzt mit den Eiern anfange, ob er da auch etwas Künstliches gefunden habe", erinnert sich Korns Stiefsohn, Hermann Lohr, später. "Dann hat er den Leuten erzählt, er wolle züchten, dass die Hühner viereckige Eier legen - weil man die dann besser stapeln kann." Korn hat bald eine große Farm und bleibt weiterhin geschäftstüchtig, bis zu seinem Tod 1980.

Stand: 19.02.2013

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