Jederzeit Süßigkeiten naschen: Das ist heute dank Süßwarenautomaten an Bahnhöfen und Rastplätzen selbstverständlich. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts aber ist das noch anders. Bis 1888: Da lässt die Firma Stollwerck den ersten Automaten in Köln aufstellen. Er ist ein verschnörkeltes Kunstwerk aus schwerem Gusseisen mit einem Innenspiegel, in dem sich die Schokoladenfreunde beim Kaufen betrachten können.
Für eine Tetradrachme Weihwasser
Entwickelt wird der Warenautomat bereits im ersten Jahrhundert nach Christus durch den findigen Ingenieur Heron von Alexandria im antiken Griechenland. Für eine Tetradrachme spendet die Apparatur Weihwasser, indem die Großsilbermünze eine über die Wasseroberfläche gelagerte Holzscheibe nach unten drückt und das gesegnete Nass so durch ein Metallrohr direkt in die geöffneten Hände des Gläubigen befördert.
Der "selbstthätige Verkaufsautomat" von Stollwerk dient profaneren Zwecken. Am 29. April 1888 wird der mannshohe Apparat "zum Verkauf beliebiger Gegenstände" mit seiner durch Fächer unterteilten Trommel vom Kaiserlichen Patentamt in Berlin als Erfindung anerkannt.
Bier und Briefmarken
Ursprünglich ist Stollwercks Warenautomat nur dazu gedacht, Schokoladenproben unters Volk zu bringen, um die Produkte der Firma bekannter zu machen. Dann aber stellt Stollwerck fest, dass man mit der Erfindung dank der hohen Nachfrage richtig Geld verdienen kann. Tatsächlich entwickelt sich der Süßwarenautomat schon bald zum Selbstläufer.
Im Jahr 1893 – fünf Jahre nach der Patentierung – hat Stollwerck bereits 15.000 Süßwarenautomaten in ganz Deutschland in Betrieb. Teils werden sie auf öffentlichen Plätzen, auf Dampfschiffen und in Häfen aufgestellt, teils auch mit anderen Produkten kombiniert: Vor Postämtern etwa kann man im Automaten rund um die Uhr Schokolade und Briefmarken erstehen. Zur Jahrhundertwende kommen Bonbons und Pfefferminze sowie Zigarren und Streichhölzer zur Produktpalette hinzu, 1930 sogar Bier und warmes Essen.
Stand: 29.04.2013
Programmtipps:
Auf WDR 2 können Sie den Stichtag immer gegen 9.40 Uhr hören. Wiederholung: von Montag bis Freitag gegen 17.40 Uhr und am Samstag um 18.40 Uhr. Der Stichtag ist nach der Ausstrahlung als Podcast abrufbar.