Kundenandrang vor einem Geschäft, das nach der Währungsreform am 20.06.1948 Schilder mit der Aufschrift "Neue Währung ... neue Preise!" angebracht hat

Stichtag

20. Juni 1948 - Währungsreform tritt in Kraft

Wenn die Nazis Geld brauchten, warfen sie einfach die Notenpresse an. Darum ist nach dem Zweiten Weltkrieg zwar viel Geld im Umlauf, aber es ist nichts wert. So kostet beispielsweise ein Pfund Butter 250 Reichsmark - bei einem durchschnittlichen Monatsgehalt von 170 Reichsmark für viele unerschwinglich. Die Deutschen hungern. Sie haben im Schnitt ein Untergewicht von sechs bis neun Kilogramm pro Person. Lebensmittel und Kleidung gibt es nur per Bezugsschein, die Schwarzmärkte blühen und die Regale der Geschäfte sind leer.

Den Siegermächten ist klar: Eine Währungsreform muss her. Doch sie können sich nicht einigen. Im März 1948 verlassen die Sowjets den Alliierten Kontrollrat. Die drei westlichen Besatzungsmächte hatten sich bereits unter strengster Geheimhaltung vorbereitet: Seit Oktober 1947 wurde neues Geld in den USA gedruckt. Elf deutsche Wirtschaftswissenschaftler helfen bei der Ausarbeitung der Währungsreform mit: Am 20. April 1948 bringt sie ein Bus der US-Streitkräfte zu dem sogenannten Währungskonklave in den ehemaligen Luftwaffen-Fliegerhorst Rothwesten bei Kassel. Abgeschottet von der Außenwelt geht es unter anderem um die Frage, wie jeder Deutsche den sogenannten Kopfbetrag erhält - und zwar nur einmal. Die Lösung: Zur Kontrolle sollen Lebensmittelmarken abgestempelt werden. Das Bindeglied zwischen der US-Militärregierung und den deutschen Fachleuten ist der US-Leutnant Edward Tenenbaum. Auf ihn geht die Bezeichnung "Deutsche Mark" zurück. Ansonsten hätte die neue Währung - laut einer Vorschlagsliste - zum Beispiel auch "Deutscher Batzen" heißen können.

West-Alliierte preschen vor

Im Frühjahr 1948 startet die US-Militärregierung die "Operation Bird Dog": 23.000 Metallkisten werden Anfang Juni in Bremerhaven von einem US-Schiff geladen. Die darin enthaltenen Banknoten ähneln dem Dollar, aufgedruckt ist aber "Deutsche Mark". Am 20. Juni 1948 tritt die Währungsreform schließlich in Kraft. Im Tausch gegen 40 Reichsmark erhält jeder Einwohner der Westzonen 40 neue Deutsche Mark. Ein paar Wochen später werden weitere 20 Reichsmark pro Kopf im Verhältnis 1:1 getauscht. Erspartes wird jedoch weitgehend entwertet: 100 Reichsmark schrumpfen zu 6,50 Mark. Wer Sachwerte besitzt, ist deshalb im Vorteil.

Das "Micky-Maus-Geld", wie die Mark spöttisch genannt wird, sorgt über Nacht für gefüllte Schaufenster. Seit Langem haben Gerüchte das Hortungsfieber angeheizt: Die Händler füllten bereits seit Herbst 1947 ihre Lager, weil sie ihre Produkte nicht für alte Reichsmark, sondern für neue Mark verkaufen wollten. Gleichzeitig verbessert sich mit der Währungsreform aber nicht nur die Versorgungslage. Sie ist auch ein weiterer Schritt zur Teilung Deutschlands. Die Sowjetzone folgt wenige Tage später mit einer eigenen Währungsreform. Wegen Papiermangels gibt es dort aber keine neuen Banknoten, sondern nur Wert-Aufkleber auf den alten Reichsmarkscheinen. "Tapetenmark" heißt das Ostzonen-Geld deshalb im Volksmund.

Stalin verhängt Berlin-Blockade

In Berlin kommt es schließlich zur Konfrontation: Da Stalin verhindern will, dass die westliche Mark auch im Ostsektor gilt, lässt er die gesamte Stadt abriegeln und die Zufahrtswege sperren. Um die 2,1 Millionen West-Berliner dennoch mit dem Nötigsten zu versorgen, organisiert der US-Militärgouverneur, Lucius D. Clay, eine Luftbrücke. Im Mai 1949 heben die Russen die Blockade auf.

In den frühen 1950er Jahren bildet sich die Legende heraus, das sogenannte Wirtschaftswunder sei eine Folge der Währungsreform. Doch es sei umgekehrt gewesen, sagt Wirtschaftshistoriker Werner Abelshauser. "In Wirklichkeit war es so, dass der beginnende Wiederaufstieg der deutschen Wirtschaft die Währungsreform möglich gemacht hat." Die neue Währung habe sichergestellt, dass der sich abzeichnende Aufschwung in marktwirtschaftlichen Formen ablaufen konnte.

Stand: 20.06.2013

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