"Das Tolle an Hans-Joachim Kulenkampff ist, dass das Fernsehen ihm eigentlich Wurst war." Davon ist Harald Schmidt überzeugt. "Frisch von der Leber weg, frei nach Schnauze, der redet, wie ihm der Schnabel gewachsen ist": Das sei das Motto des Moderators gewesen, wird sich der Late-Night-Talker später erinnern.
Tatsächlich kümmert sich Kulenkampff bei seiner TV-Show "Einer wird gewinnen" (EWG) um die Regeln des Mediums wenig. Vor allem überzieht er das Zeitbudget der Samstagabendsendung oftmals gnadenlos. Oder aber er bricht verfrüht ab. "Und jetzt überlegt einmal, Kinder, was ihr die neun Minuten machen wollt", witzelt er dann. Der ARD bleibt nichts anderes übrig, als neun Minuten lang das Senderlogo zu senden.
"Die beschissensten Garderoben der Welt"
Geboren wird Kulenkampff 1921 in Bremen. Im Zweiten Weltkrieg nimmt er als Soldat am Russlandfeldzug teil und amputiert sich eigenhändig mehrere abgefrorene Zehen. 1950 wird er nach einem Schauspielengagement in Frankfurt am Main Ansager beim Hessischen Rundfunk. Am 25. Januar 1964 steht er erstmals für die Fernsehshow "Einer wird gewinnen" vor der Kamera. Hier schafft es der stets elegant gekleidete und als "Kuli" bekannte Moderator, mit Witz und Charme zur Samstagabend-Institution zu werden.
Nicht zufällig haben "Einer wird gewinnen" und die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG), der Vorläufer der EU, dieselbe Abkürzung: Immerhin treten in der Eurovisions-Sendung acht Kandidaten aus acht verschiedenen Ländern an, um Fragen zur Allgemeinbildung zu beantworten. Wer gewinnt, darf 8.000 D-Mark mit nach Hause nehmen. Überraschend ist dabei immer wieder, mit welcher Gelassenheit Kulenkampff durch die Sendung führt. Bevor er auf die Bühne tritt, weiß er über seine Kandidaten so gut wie nichts.
Auch über die Anmoderation macht Kulenkampff sich erst in den letzten Minuten vor Ausstrahlungsbeginn Gedanken. Dabei nimmt er kein Blatt vor den Mund. So begrüßt der Moderator, der für Willy Brandt (SPD) Wahlkampf macht immer wieder, politisch inkorrekt, die Zuschauer in der DDR. Und in Hannover beschwert er sich vor laufender Kamera über "die beschissensten Garderoben der Welt".
"Ära, wem Ära gebührt"
In "Einer wird gewinnen" steht Kulenkampff immer auch eine hübsche Assistentin zur Seite, die ihm mit immer neuen Kleidern Stoff für seine Anzüglichkeiten gibt. Des Weiteren gehört Butler Martin Jente zum Personal: Im wahren Leben erfolgreicher Fernsehproduzent, darf er dem Moderator am Ende der Sendung den Mantel reichen. Darüber hinaus ist Jente der einzige, der Kulenkampff Paroli bieten darf. Ansonsten gilt das Motto: "Herr Kulenkampff macht die Witze und Sie antworten nur!"
1966 scheint Butler Jente Kulenkampff zum letzten Mal den Mantel zu reichen. Aber nach anderthalb Jahren Pause von EWG ist der Moderator wieder da. 1969 verkündet er abermals seinen Rücktritt, kehrt aber zehn Jahre später nach zwei gefloppten anderen Shows wieder zurück. 1987 ist nach 82 Ausgaben endgültig Schluss. "Ära, wem Ära gebührt", titelt damals das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel".
Hans-Joachim Kulenkampff stirbt 1998 im österreichischen Seeham.
Stand: 25.01.2014
Programmtipps:
Auf WDR 2 können Sie den Stichtag immer gegen 9.40 Uhr hören. Wiederholung: von Montag bis Freitag gegen 17.40 Uhr und am Samstag um 18.40 Uhr. Der Stichtag ist nach der Ausstrahlung als Podcast abrufbar.
"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.05 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 25. Januar 2014 ebenfalls an "Einer wird gewinnen". Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.