Er ist schon über 60 Jahre alt, als er 1963 erstmals öffentlich auftritt: Ayatollah Khomeini kritisiert die Reformpläne von Schah Mohammed Reza Pahlevi. Der iranische Staatschef will unter anderem die Industrie privatisieren, eine Landreform durchsetzen und das Frauenwahlrecht einführen. Diese pro-westliche Politik ist dem schiitischen Geistlichen zuwider. Er prangert die Korruption und die Gewalt des Sicherheitsapparates an: "Oh, lieber Herr Schah. Höre auf meinen Rat, höre auf den Rat der Geistlichkeit. Die Nation wird Ihnen nicht erlauben, so weiter zu machen." Das vom Schah als "Weiße Revolution" betitelte Reformprogramm verstoße "gegen die fundamentalen Grundsätze", die religiösen Gelehrten und der Islam sei die "Schwarze Reaktion" darauf.
Es kommt landesweit zu Unruhen und Khomeini wird ausgewiesen. Im Exil im Irak entwickelt er sein Modell eines Gottesstaates: "Das islamische Gesetz beziehungsweise die Befehle Gottes herrschen uneingeschränkt über alle Menschen und den islamischen Staat." In den 1970er Jahren pflegt die iranische Elite einen westlichen Lebensstil und wirtschaftet in die eigene Tasche. Die fehlgeleiteten Reformen machen die Bauern und Bewohner der Großstadtslums noch ärmer. Ayatollah Khomeini wird zu ihrer Symbolfigur. Es gelingt ihm, über seine guten Kontakte den Widerstand im Iran zu lenken. 1978 finden dort immer wieder Sympathiekundgebungen für ihn statt. Doch die Demonstrationen werden niedergeschlagen, es gibt viele Tote.
"Wer nicht für uns ist, den werden wir ausgrenzen"
Als Khomeini offen zum Widerstand gegen das "gottlose" Schah-Regime aufruft, wird er von Saddam Hussein aus dem Irak ausgewiesen. Im Oktober 1978 kommt Khomeini nach Frankreich und steuert von dort die letzte Phase des Umsturzes im Iran. Im Januar 1979 verlässt der Schah das Land. Von den Massen bejubelt kehrt Khomeini in den Iran zurück. Vertreter des alten Regimes wie Minister, Generäle und Geheimdienstmitarbeiter lässt er hinrichten. Ende März 1979 stimmen 97 Prozent der Stimmberechtigten für eine "Islamische Republik". Im Dezember desselben Jahres wird die neue Verfassung angenommen: Iran wird zum Gottesstaat, in dem die schiitischen Ayatollahs die Richtung vorgeben und Revolutionsführer das letzte Wort hat.
Bereits in Frankreich hat der 1902 geborene Khomeini klar gemacht: "Wir werden nur die akzeptieren, die uns in allen Punkten folgen. Wer nicht für uns ist, wird nicht dazugehören, den werden wir ausgrenzen." Nun wird die nicht-islamische Anti-Schah-Opposition ausgeschaltet. Hunderte werden hingerichtet, Tausende gefoltert und inhaftiert. Anfang November 1979 besetzen Studenten die US-Botschaft in Teheran. Um die Revolution in Schwung zu halten, lässt Khomeini sie gewähren und stellt sich hinter die Aktion. Die Geiselnahme dauert über ein Jahr.
Ein Land gegen alle
Im Dezember 1980 beginnt der Erste Golfkrieg. Die irakische Armee marschiert im ölreichen Westen Irans ein. Saddam Hussein glaubt, den Nachbarn überraschen zu können. Doch Khomeini bezeichnet den Angriff als "Geschenk des Himmels". Die Bedrohung von außen schweißt zusammen - ein Volk allein gegen den "gottlosen" irakischen Diktator, der sowohl vom Westen als auch vom Osten mit Waffen versorgt wird.
Als 1988 der verlustreiche Krieg zu Ende geht, deutet sich ein Konflikt zwischen Pragmatikern und Hardlinern innerhalb des iranischen Machtgefüges an. Ein letztes Mal versucht Khomeini, durch aufsehenerregende Aktionen die Massen hinter sich zu bringen: 1988 werden im Inland kommunistische Kader hingerichtet, im Februar 1989 schockiert die Todesfatwa gegen den indisch-britischen Schriftsteller Salman Rushdie das Ausland.
Am 3. Juni 1989 stirbt Ayatollah Khomeini in Teheran. Das politische System der Islamischen Republik hat sich seither nicht verändert, doch die iranische Gesellschaft ist gespalten. Nach der Präsidentschaftswahl 2009 ist der Konflikt offen ausgebrochen.
Stand: 03.06.2014
Programmtipps:
Auf WDR 2 können Sie den Stichtag immer gegen 9.40 Uhr hören. Wiederholung: von Montag bis Freitag gegen 17.40 Uhr und am Samstag um 18.40 Uhr. Der Stichtag ist nach der Ausstrahlung als Podcast abrufbar.
"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.05 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 3. Juni 2014 ebenfalls an Ayatollah Khomeini. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.