Sie jagen Mafiabosse und Terroristen, gehen auf Auslandsmissionen in Krisengebiete und sind zur Stelle, wenn einer Dame die Handtasche gestohlen wird. Die italienischen Carabinieri haben sowohl militärische als auch polizeiliche Aufgaben – und sind dabei stets schick gekleidet. Ihre dunkelblaue Uniform mit den feuerroten Längsstreifen am Beinkleid verdanken sie Viktor Emanuel I., dem König von Sardinien und Herzog von Savoyen. Er gründete die Carabinieri am 13. Juli 1814 als Elitekorps für Adlige. "Die Monarchie brauchte eine militärisch ausgebildete Schutztruppe, die treu ist. Es ging eben nicht um den Schutz des Volkes, sondern um den Schutz der herrschenden Dynastie. Deshalb sind die Carabinieri bei ihrer Gründung Teil der Restauration", erklärt der Militärhistoriker Mario Scazzoso.
Napoleons Herrschaft über Europa hatte im Schicksalsjahr 1814 geendet und der Wiener Kongress stand kurz bevor. Viktor Emanuel, der sich nach Sardinien geflüchtet hatte, wollte Stabilität und Sicherheit. Nach dem Vorbild der französischen Gendarmerie schuf er eine bewaffnete Truppe, die bis heute sowohl für die Verteidigung gegen äußere Feinde als auch für die öffentliche Ordnung im Inneren zuständig ist. "Diese doppelte Funktion als Militär und Polizei, macht die Besonderheit der Carabinieri aus", erklärt der Militärhistoriker Mario Scazzoso.
Carabinieri dienten plötzlich dem Volk, nicht mehr einem König
Neben den Carabinieri existiert eine Polizia, die normale Polizei. In den Städten ist die Polizei zahlenmässig stärker vertreten, auf dem Land sind es die Carabinieri. Mailand ist zum Beispiel in drei Sektoren eingeteilt, in zweien ist die Polizei zuständig, im dritten die Carabinieri. "Und woher wissen die Bürger, wer zuständig ist? Sie wissen es nicht. Sie rufen eine der beiden Notrufnummern an und dann kommt der nächstgelegene Einsatzwagen", sagt Biagio Starniolo, Oberstleutnant und Einsatzleiter der Carabinieri in Mailand.
Im 19. Jahrhundert waren die Carabinieri besonders gebildete Polizisten. Jeder Carabiniere muss lesen und schreiben können. Seit Italien 1946 die Monarchie abgeschafft hatte, dienten die Carabinieri plötzlich nicht mehr einem König, sondern dem Volk. Doch das beobachtete die vormals königstreuen Einsatzkräfte weiterhin kritisch. Erst 1974 besserte sich ihr Ansehen schlagartig. Ein Brigadegeneral schleuste erstmals verdeckte Ermittler in linke Terrorgruppen ein. Am 8. September 1974 nahmen die Carabinieri zwei Gründungsmitglieder der Roten Brigaden fest. Der zuständige General wurde als Präfekt nach Palermo geschickt, um dort die Organisierte Kriminalität zu bekämpfen. Knapp vier Monate nach Amtsantritt ermordete ihn die Mafia. Seitdem führen andere Carabinieri den Kampf in hochspezialisierten Einheiten weiter.
Carabinieri schauen heute stolz in die Fernsehkameras
"Gefährliche Operationen gegen die Mafia werden von der Bevölkerung mit großer Anteilnahme verfolgt und bei diesen Gelegenheiten werden die Carabinieri fast schon wie Helden verehrt", sagt Scazzoso. Bei Festnahmen von Mafiabossen traten die Carabinieri früher oft mit verdeckten Gesichtern auf - aus Angst vor Racheakten. Heute schauen sie stolz in die Fernsehkameras, wenn sie gesuchte Kriminelle abführen.
Stand: 13.07.2014
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