Widerspruch ist Ludwig XIV. ein Gräuel. Das gilt auch für die Cousine des französischen Königs, die Herzogin von Montpensier, die alle Vorschläge des Monarchen für potenzielle Gatten ausschlägt. Als die unglückliche Dame einen Emporkömmling heiraten will, in den sie sich schlussendlich verliebt hat, platzt ihm der hermelinummantelte Kragen.
"Ich denke an Sie, wann es mir passt und verheirate Sie, wie es mir nützt", gibt ihr der absolutistische Herrscher zu verstehen – eine aufschlussreiche Anekdote, die belegt, wie Ludwig XIV. seine eigene Macht über alles und jeden stellt. In diesem Fall sogar zu Recht: denn der Herzensmann der Herzogin ist nur auf das Geld der Frau fixiert.
Völlerei mit Folgen
Ludwigs Leben ist von Anfang an prunkvoll, ausschweifend und ich-zentriert. 1638 in Saint-Germain-en-Laye geboren, besteigt er schon mit vier Jahren den Thron. Als "Sonnenkönig" gruppiert er den rund 20.000 Personen umfassenden Hofstaat um seine Mitte und richtet die gesamte Etikette auf sich als Person und seine absolutistische Herrschaft aus. Symbol der vollkommen zentralisierten Macht ist das mit barockem Pomp gestaltete Schloss von Versailles, das Ludwig XIV. in mehreren Phasen ab 1661 um- und ausbauen lässt. Für über 100 Jahre dient es den französischen Königen als Hauptresidenz. Den anderen Königshäusern von Europa ist das dortige Leben in Kunst, Mode und Kultur schon bald ein Vorbild.
Doch allmählich fordern Prunk und Völlerei ihren Preis. Vor allem die unappetitlichen Mengen an Essen, die der Monarch verschlingt, sind seiner Gesundheit abkömmlich. 1685 reißen ihm die Leibärzte mit vier Backenzähnen gleich ein Stück Kiefer mit aus dem Mund. Ein Jahr später bangt Europas Adel, ob der Sonnenkönig eine durch eine Analfistel erzwungene Operation überlebt. Zudem zwingen Gichtanfälle den König immer häufiger in den Rollstuhl. Letztlich ist es wohl ein diabetischer Wundbrand, der ihn am 1. September 1715 innerhalb weniger Wochen in Versailles dahinrafft.
Der Sargplattenkochtopf
Nach dem Tod gehen die Zeremonien unvermindert weiter. 3.000 Höflinge und 300 Arme folgen dem Sarg mit dem Leichnam in einer nächtlichen Prozession zur königlichen Grablege nach Saint-Denis. Zuvor wurde er ausgeweidet: Das Herz hat das Protokoll den Jesuiten vermacht, die anderen Innereien werden in die Kathedrale Notre-Dame nach Paris verbracht. Frauen sind bei der Trauerfeier nicht zugelassen; die eigens gefertigten Amtsstäbe haben Sollbruchstellen, damit die Haushofmeister sie als Symbole des Herrschaftsendes reibungslos zerbrechen können. Die Ausrichtung und Festlegung der Veranstaltung, in der sogar vorgeschrieben ist, wessen Schleppen welche Länge haben dürfen, liegt in den Händen einer Hofdienststelle namens "Menus Plaisiers" ("Kleine Lustbarkeiten"), die zuvor die prunkvollen Feste bei Hofe ausgerichtet hat.
Nichts soll dem Zufall überlassen bleiben. Und trotzdem bleibt von den Reliquien der Beisetzung Ludwig XIV. am Ende nicht viel übrig. König und Hof haben die Rechnung ohne den Gang der Geschichte gemacht. Während der Französischen Revolution von 1789 rollt nicht nur das Haupt des letzten französischen Königs. Auch die sterblichen Überreste seiner Vorgänger werden zermahlen. Angeblich findet Ludwigs Herz für den Firnis von Gemälden Verwendung. Allein die Kupferplakette seines Sarges taucht schließlich wieder auf: Während der Revolution wurde sie mit einer anderen Platte zu einem Kochtopf für eine Herberge in Saint-Denis zusammengeschweißt.
Stand: 01.09.2015
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