1883 kauft sich Claude Monet 80 Kilometer nordwestlich von Paris von einem Bauern ein Haus mit großem Grundstück im Dorf Giverny in der Normandie. Was er denn hier anzubauen gedenke, wird er vom Verkäufer gefragt. "Blumen", sagt Monet. "Aber Monsieur", soll der Bauer ausgerufen haben. "Von Blumen kann man doch nicht leben!"
Monet kann, und zwar sehr gut. Weil er nicht daran denkt, die Blumen zu verkaufen. Er will sie malen. Die restliche Hälfte seines Lebens wird er von nun an in Giverny verbringen und versuchen, das leuchtende Licht seines Gartens und der Heuballen der Umgebung in immer neuen Bildern festzuhalten. Da sind Sammler bereits willens, für ein Gemälde den Gegenwert eines Hauses zu bezahlen. "Heute kann ich gar nicht genug malen und verdiene wohl an die 15.000 Pfund im Jahr", wird er notieren. "Vor 20 Jahren habe ich gehungert."
Die Kunst des Augenblicks
Geboren wird Monet am 14. November 1840 als Sohn eines Kolonialwarenhändlers in Paris. Als er fünf Jahre alt ist, zieht die Familie in die Hafenstadt Le Havre an der Seine. Hier stellt Monet bereits mit 15 Jahren im Schaufenster eines Rahmengeschäfts seine Karikaturen aus. Eine klassische Ausbildung zum Maler in Paris beendet er nicht. Stattdessen orientiert er sich an der Schule von Barbizon, die mit dem akademischen Verfahren der Landschaftsmalerei bricht, Studien erst im Atelier auf Leinwand zu vollenden. Hier entsteht das Bild in der Natur.
So zieht auch Monet gemeinsam mit seinem Freund Auguste Renoir ab den 1860er Jahren mit der Staffelei aus der Stadt, um unter freiem Himmel ("plein air") zu malen. Von der zeitgenössischen Kunstwelt werden sie zunächst ignoriert – zu revolutionär erscheint ihr Ansatz, ein Bild aus Farbtupfen zusammenzusetzen, um das Flirren des Lichts einzufangen. Aber der eher bäuerlich wirkende Monet ist ein guter Organisator. 1874 gelingt es ihm, eine Gruppenausstellung für sich und Gleichgesinnte in Paris auszurichten. Seine "Impression – Sonnenaufgang" genannte Ansicht von Le Havre nimmt ein Kritiker zum Anlass, um der Gruppe den spöttisch gemeinten Namen "Impressionisten" zu geben. Damit trifft er den Kern, denn Monet und seine Kollegen verstehen sich tatsächlichl als "Eindruckskünstler" - auch wenn Monet den Begriff der "instantanéité" ("Augenblicklichkeit") verwendet, um auszudrücken, was er will.
Bei Sonnenaufgang auf dem Posten sein
In Giverny entwickelt Monet ein Mal-Labor, um seine Vorstellung einer "augenblicklichen" Kunst bestmöglich umzusetzen. Zunächst lässt er alle Bäume auf dem Grundstück fällen, damit das Licht ungefiltert fluten kann. Danach beschäftigt er sechs Gärtner damit, seinen Garten anzulegen und zu pflegen. Als Monet bemerkt, dass der Staub einer nahegelegenen Straße die Leuchtkraft seiner Blumen reduziert, lässt er sie asphaltieren. Mit seiner zweiten Frau Alice Hoschéde und ihren sechs Kindern sowie Monets zwei Söhnen aus erster Ehe leben zehn Personen im Haus, später kommen noch Schwiegerkinder und Enkel hinzu. Monet wohnt im ersten Stock, wo er an zwei Wänden vier Fenster hat: "Sobald das Licht kommt, muss ich auf dem Posten sein."
Nach zehn Jahren im Blumengarten kauft Monet ein angrenzendes Grundstück und lässt hier ein japanisches Bassin mit Brücken und Seerosen in unterschiedlichen Farben errichten. Fortan malt er vor allem diese Seerosen, auf teils zehn Quadratmeter großen Leinwänden. 1912 diagnostizieren Ärzte einen grauen Star – vielleicht ist die nachlassende Sehkraft einer der Gründe, warum Monets Bilder immer abstrakter werden. Claude Monet stirbt 1926 in Giverny.
Stand: 14.11.2015
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