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Lewis and Harris: Stornoway, Harris Tweed, Standing Stones of Callanish, Bostadh Iron Age House, Dun Carloway Broch
Stand: 10.05.2020, 20:15 Uhr
Lewis and Harris gehört zu den Äußeren Hebriden und ist trotz des Doppelnamens nur eine Insel und mit 2.178 Quadratkilometern auch die größte in Schottland. Während Lewis im Norden vergleichsweise flach ist, bestimmen bis zu 300 Meter "hohe" Berggipfel den südwestlich gelegenen Teil Harris.
Auf der Insel ist die gälische Kultur ausgeprägt wie an kaum einem anderen Ort in Schottland. Die gälische Sprache findet sich nicht nur auf den Straßenschildern, sondern wird von einem Großteil der Insulaner im Alltag benutzt. Lewis and Harris ist stark von den protestantischen, konservativen Freikirchen geprägt. Das heißt: Sonntags sind Sehenswürdigkeiten und Supermärkte geschlossen, ebenso die meisten Restaurants und Cafés.
Von Uig im Westen von Skye gibt es eine Fähre nach Tarbert an der "Grenze" zwischen Harris und Lewis. Ganz in der Nähe steht ein auffälliger, roter Backsteinschornstein: der letzte Überrest der Walverarbeitungsfabrik, in der bis 1952 gearbeitet wurde. Das Fleisch wurde nach Glasgow verkauft. Walfang war damals für viele Männer auf Lewis and Harris die einzige Möglichkeit, überhaupt Arbeit zu finden. Heute gibt es kleine Unternehmen, die stattdessen Bootstouren anbieten, auf denen man – mit Glück – Wale und andere Meeressäuger beobachten kann.
Stornoway – wo die Kreuzfahrtschiffe ankern
Stornoway an der Ostküste ist die einzige Stadt auf der Insel und der Verwaltungssitz der "Isle of Lewis". Sie hat rund 8.000 Einwohner. Seit ein paar Jahren gehen in Stornoway auch Kreuzfahrtschiffe vor Anker. Zu den Sehenswürdigkeiten gehört das Herrenhaus Lewis Castle, erbaut 1847 und mittlerweile ein Museum. Im Inneren erzählt eine Ausstellung von den ersten Siedlern, von Cairns und den Wikingern sowie von den auf der Insel beheimateten schottischen Clans. Umgeben ist Lewis Castle von einem gepflegten, fast südländisch anmutenden Park. An der Uferpromenade befinden sich Kneipen, Hotels und das alte Rathaus, in den belebten Gassen gibt es viele Geschäfte – auch der "Hebridean Tea Store", der Teeladen einer deutschen Auswanderin aus dem Bergischen Land.
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Stornoway an der Ostküste ist die einzige Stadt auf der Insel Lewis and Harris.
20 Minuten mit dem Auto dauert die Fahrt von Stornoway Richtung Süden nach Keose. Hier ist Lewis Mackenzie aufgewachsen. Der Skipper bietet für Besucher verschiedene Touren an: Tierfotografie, Vogel- oder Seelöwenbeobachtung, Meeresangeln, Hummerfischen oder eine Mischung aus allem. Er weiß, wo sich Seeadler und Raubmöwen vom Boot aus füttern lassen und wo die dicksten Hummer in die Fallen gehen, wo Seespaghetti wachsen und welcher Fisch beim Barbecue mit welchen Meereskräutern am besten schmeckt.
Harris Tweed – nur echt von der Insel
Auf Lewis and Harris gibt es viele Schafe. Ihre Wolle ist einer der wichtigsten Rohstoffe der Insel. Sie wird zu einem berühmten Stoff verarbeitet und in die ganze Welt exportiert: "Harris Tweed" ist ein widerstandsfähiger Wollstoff in dezenten Farben, der nur auf den Äußeren Hebriden produziert werden darf. Das Garn darf nur hier gesponnen, die Wolle nur hier gefärbt, der Stoff nur hier gewebt werden – und zwar ausschließlich in Hand- und Heimarbeit auf mechanischen Webstühlen. Ihre Muster kreieren die Weberinnen und Weber oft selbst. Jedes Kleidungsstück aus "Harris Tweed" ist mit einem Echtheitsetikett ausgezeichnet: einem Reichsapfel mit Malteserkreuz, dem "orb". Viele Werkstätten können besichtigt werden. Die Ursprünge des Tweeds reichen bis in die Anfänge des 19. Jahrhunderts, als die Einwohner der Hebriden die Wolle ihrer Schafe mit Naturfarben aus Flechten färbten und einen dichten Stoff webten, um sich vor dem rauen Klima zu schützen. Dann haben ihn die Adligen für ihre Reit- und Jagdkleidung entdeckt. Heute tragen Königinnen und Hollywoodstars "Harris Tweed".
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Tamina Kallert besucht die "Harris-Tweed"-Weberei von Joanna McDonnell in Tarbert.
Standing Stones of Callanish
Das kulturelle Highlight von Lewis and Harris sind die Standing Stones of Callanish: eine uralte megalithische Kultstätte: Die "Stehenden Steine" von Callanish an der Strecke zwischen Stornoway und Tarbert sind etwa zur gleichen Zeit entstanden wie die von Stonehenge und stehen ihnen an Schönheit kaum nach. In verschiedenen Ebenen bilden die Steine hier geometrische Formen mit einem großen Felsen im Zentrum. Erbaut bzw. aufgestellt wurden die 40 bis zu fünf Meter hohen Monolithe rund 5.000 Jahre vor Christus. Die Anlage ist so gut erhalten, weil sie lange Zeit von Torf eingeschlossen war. Erst vor vierzig Jahren wurde das Heiligtum freigelegt. Heute kommen pro Jahr rund 40.000 Besucher hierher.
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Die Standing Stones of Callanish
Bostadh Iron Age House – Leben in der Eisenzeit
Eine halbe Autostunde von Callanish Richtung Nordwesten geht es auf die winzige Insel Great Bernera. Hier steht direkt am Strand ein weiteres Stück Frühgeschichte: das "Bostadh Iron Age House" – ein nachgebautes Haus aus der Eisenzeit. Auf den ersten Blick erkennt man es kaum, halb unter einem Grashügel gelegen mit sehr tiefem Eingang. Innen ist es überraschend geräumig, aber dunkel. In der Mitte brennt wie in alten Tagen ein Torffeuer. Ein schwerer Wintersturm hatte 1993 in den Dünen von Bostadh beträchtliche Mauerreste zum Vorschein gebracht: eine Siedlung, die um das 6. bis 9. Jahrhundert n. Chr. bewohnt wurde. Um die gut erhaltenen, teilweise nahezu intakten Häuser zu sichern, wurden sie wieder mit Sand bedeckt. Die zahlreichen archäologischen Funde, die heute im Museum Breaclete zu sehen sind, vermitteln ein genaues Bild über das Leben der ehemaligen Dorfbewohner, die hauptsächlich von der Jagd und der Fischerei lebten. Heute bietet sich die Bucht mit ihrem feinen Sandstrand bei schönem Wetter für ein Picknick an.
Dun Carloway Broch – ein Wohnturm aus der Eisenzeit
An der Westküste der Isle of Lewis steht der Dun Carloway Broch, ein runder, fensterloser Turm aus der Eisenzeit. Rund 500 dieser riesigen, wehrhaften Türme, die in Trockenbauweise ohne Mörtel errichtet wurden, gibt es in Schottland. Sie wurden zwischen 400 und 800 n. Chr. gebaut und beherbergten zum Teil ganze Gemeinden samt Vieh. Die Überreste des Dun Carloway Brochs sind immer noch beeindruckend: An der Ostseite erreichen Teile der Mauer eine Höhe von neun Metern. Die Basis des Brochs misst 14 bis 15 Meter im Durchmesser und die Mauern sind drei Meter dick. Der Turm hat einen kreisförmigen Grundriss und Doppelwände, die als Treppenhaus dienten. Auf mehreren Ebenen gab es Galerien aus Holz. Archäologen haben herausgefunden, dass dieser Broch noch bis ins 13. Jahrhundert bewohnt war. Ein kleines Besucherzentrum lässt den Alltag im Broch lebendig werden.
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Der Dun Carloway Broch ist ein Relikt aus der Eisenzeit.
Lesetipps für Schottland-Urlauber
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