Am Donnerstag gibt es in New York eine Weltpremiere: Beim legendären Auktionshaus Christie's werden etwa 20 Werke versteigert, die KI-generiert sind. Die Auktion hat den Titel "Augmented Intelligence" und widmet sich eben ausschließlich dieser sogenannten KI-Kunst.
Während Künstler Sturm laufen und in einem offenen Brief die Absage der Versteigerung fordern, sieht das Auktionshaus hier eher ein neues Geschäftsfeld. Aber ist künstlich erstellte Kunst überhaupt Kunst? Und kann sie sich durchsetzen?
Die Kunstschaffenden sehen sich durch die KI-Kunst nicht nur in ihrer Existenz bedroht, sondern vor allem das Urheberrecht verletzt. Denn der Computer bedient sich und lernt ja im Internet durch bereits existierende Werke - ohne die Einwilligung der Urheber.
KI in der Kunst: "Menschenrechte sind unter Druck". WDR 5 Morgenecho - Interview. 20.02.2025. 07:57 Min.. Verfügbar bis 20.02.2026. WDR 5.
"KI kann nie etwas Neues schaffen"
Der Kunsthistoriker Henrik Hanstein, Sprecher des Verbandes europäischer Auktionatoren, versteht die Sorgen der Künstler. "Wer ist denn jetzt hier der Künstler?", fragt der Geschäftsführer des Kölner Auktionshauses Lempertz. "Und wer hat das Urheberrecht? Der Computer, der Programmierer oder der Künstler, bei dem sich die KI bedient hat? Wir rätseln hier alle", sagt der renommierte Kunstmarktexperte im Gespräch mit dem WDR.
Prinzipiell findet Hanstein den Trend interessant. "Aber ich habe noch kein KI-Bild gesehen, dass ich cool finde", sagt er und verwendet in diesem Zusammenhang auch das Wort "Schrott". Und etwas Neues könne der Computer sowieso logischerweise nicht schaffen, da er sich aus dem Bestehenden im Internet bediene. "So gesehen kann die KI nie Avantgarde sein, maximal eklektizistisch." Eklektizismus ist eine Stilrichtung, die nicht selbst kreativ ist, sondern sich aus verschiedenen Stilepochen bedient.
Sorgen der Künstler seien berechtigt
"Die Künstler werden natürlich hier zum Opfer dieser Geschichte", findet Hanstein. "Viele brauchen ja ein Leben lang, bis sie sich einen Namen gemacht haben." Allerdings hätten auch die Künstler neue technische Möglichkeiten immer mit Begeisterung aufgegriffen.
Hanstein beweifelt auch, dass die KI-Kunst sich langfristig durchsetzt. "Da wird ständig eine neue Sau durchs Dorf getrieben", sagt er. "Vor einiger Zeit hatten wir die NFTs", also Non-Fungible Token, zu deutsch etwa "digitale Besitznachweise von immateriellen Gütern", die meist in Krypotwährungen bezahlt wurden. Für diese digitale Kunstwerke wurden eine kurze Zeit horrende Preise erzielt, "jetzt ist da komplett die Luft raus", so Hanstein.
Künstler wünschen sich eine Kennzeichnung, wenn KI im Spiel ist
Ein Makel habe die KI-Kunst in jedem Fall: Nach seiner Erfahrung erzielen unsignierte Bilder niemals so hohe Preise wie vom Künstler signierte. "Nur die Signatur des Künstlers bescheinigt: Dieses Bild ist von mir". So gesehen sei "KI nur eine Verballhornung der Kunst".
Karin Lingl von der Stiftung Kunstfonds sagte schon im Sommer 2024 bei der Veröffentlichung der Studie "KI und Bildende Kunst", dass viele Kunstschaffende Sorge hätten, KI-generierte Kunst könne den Markt überschwemmen und so die Kunst entwerten. So hätten 85 Prozent der Künstler für eine verpflichtende Kennzeichnung von mit oder durch KI erstellte Produkte plädiert. Andererseits sei KI "ein innovatives Werkzeug, das gestalterische Spielräume" öffne. Vielleicht sind wir nach der Auktion in New York schon schlauer, was den Marktwert der KI-Kunst angeht.
Unsere Quellen:
- Gespräch mit Henrik Hanstein, Geschäftsführer des Auktionshauses Lempertz
- Pressemitteilung Stiftung Kunstfonds
- Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung
- Bericht von Zeit Online