In ganz Deutschland sind erneut Kundgebungen angemeldet. Damit soll ein Zeichen gesetzt werden - gegen Hass, Hetze und Ausgrenzung. Es werden insgesamt zehntausende Teilnehmende erwartet. In München kamen laut Polizei mehr als 200.000 Menschen zusammen. Aber auch in Stuttgart, Frankfurt am Main, Hannover und Bremen wird demonstriert - und in NRW.
Unter anderem sind Kundgebungen in Wuppertal, Aachen, Duisburg, Gütersloh, Bergisch Gladbach, Gummersbach und Euskirchen angezeigt. In Dortmund waren laut Polizei am Samstagmittag etwa 2.900 Teilnehmende zusammengekommen. Die Veranstalter sprachen von 5.000. Anschließend zog die Demo über den Wallring. Nach Angaben eines WDR-Reporters befanden sich unter den Demonstrierenden auch vereinzelt Vermummte, die sich der Antifa zugehörig zeigten. Insgesamt sei alles friedlich verlaufen. Inzwischen ist die Versammlung beendet.
Auch im Münsterland sind zwei Demos bereits zu Ende gegangen: In Münster gab es eine Menschenkette der "Omas gegen Rechts" mit etwa 200 Leuten, die vor das historische Rathaus in der Innenstadt gezogen sind. In Ahaus sind bei einer Menschenkette für Demokratie und Vielfalt vom Bündnis "Ahaus bleibt bunt" laut Polizei 1.000 Menschen am Start gewesen. Laut Polizei gab es keine Zwischenfälle.
Zu der Demo in Wuppertal haben sich laut Polizei etwa 10.000 Menschen versammelt. Der Zug setzte sich gegen 14.30 Uhr vom Startpunkt am Vorplatz des Pina-Bausch-Zentrums in Bewegung. Auch in Minden kamen nach Angaben der Polizei 4.000 Menschen zu einer Veranstaltung für Demokratie und Vielfalt zusammen.
Demo gegen Kriminalität in Siegen - "gegen Rechts"-Demos in Westfalen
In Siegen wurde für Samstagnachmittag eine Demonstration mit 200 bis 2.000 Teilnehmern angemeldet. Bislang sind dort nach Informationen der Polizei aber nur etwa 150 Menschen zusammengekommen. Die Veranstalter fordern, es müssten "sofortige Maßnahmen ergriffen werden, um Kriminalität und Gewalt einzudämmen". Die Demo begann um 16 Uhr und soll "mit einer Schweigeminute für die Opfer der jüngsten Gewaltattacken abgeschlossen" werden, so die Veranstalter. Schon vor dem Beginn der Demo kam es in Siegen zu einem Flashmob der "Omas gegen Rechts", an dem sich rund 25 Personen beteiligten.
In Paderborn waren 500 Demo-Teilnehmer bei einer Veranstaltung des "Bündnis' gegen Rechts" - die damit gegen eine AfD-Wahlkampfveranstaltung protestiert haben. Ebenfalls in Paderborn haben sich für 15 Uhr noch mal 300 Mitglieder der "Omas gegen Rechts" angekündigt. Am Nachmittag gibt es noch ein paar kleinere Demos in Westfalen und im Westmünsterland, zum Beispiel in Bocholt und Herford.
Freitag schon erste Demos für Demokratie
Das Demo-Wochenende hat schon am Freitag angefangen: In Bielefeld waren nach Angaben der Veranstalter 25.000 Menschen auf der Straße. Die Polizei widersprach der Angabe nicht.
Die Proteste richten sich unter anderem wieder gegen das Abstimmungsverhalten von CDU/CSU und der FDP im Bundestag. Vergangene Woche bekam das erste Mal ein Antrag der Union eine Mehrheit mit den Stimmen der AfD. Dabei ging es um schärfere Regeln in der Migrationspolitik. Am Freitag stand diesbezüglich ein Gesetzesentwurf zur Abstimmung. Fast hätten CDU/CSU und FDP dazu erneut eine Mehrheit mit den Stimmen der AfD bekommen. Das scheiterte jedoch daran, dass einige CDU- und FDP-Abgeordnete nicht mit abstimmten.
In der Kritik steht deshalb bei den Demonstrationen auch der Kanzlerkandidat der Union, Friedrich Merz. Bei den vergangenen Demos gab es auch viele Plakate mit Sprüchen gegen ihn.
In den aktuellen Umfragen hat die Abstimmung im Bundestag Merz und der Union nicht geschadet. In den Zahlen gibt es kaum Bewegung. Wahlforscher sehen Merz weiter als Kanzler-Favorit ins Ziel gehen. Der aktuelle ARD-DeutschlandTrend sieht die Union mit 31 Prozent vor der AfD mit 21 Prozent, die SPD liegt bei 15 Prozent.
Viele verschiedene Gründe, warum Leute auf die Straße gehen
Die bundesweiten Kundgebungen werden oft als "Demos gegen Rechts" bezeichnet oder als "Demo für Demokratie", "für Toleranz", "für Vielfalt". Dabei sind die Gründe, warum Menschen dabei mitmachen, ganz unterschiedlich.
Ausgelöst wurden die Proteste vor gut einem Jahr durch das sogenannte Potsdamer Geheimtreffen. Laut einer Recherche des Netzwerk Correctiv hatten sich dabei AfD-Politiker mit Rechtsextremen getroffen. Dabei sollen sie die Verteibung von Millionen Menschen aus Deutschland besprochen haben.
Hohe Umfragewerte für AfD
Die in Teilen als rechtsextrem eingestufte Partei könnte nach aktuellen Stand mehr als 20 Prozent der Stimmen bei der Bundestagswahl holen. Zum Vergleich: Bei der letzten Bundestagswahl 2021 lag die Partei noch bei gut 10 Prozent.
Alarmierende Studien und Forschungsergebnisse
Viele sehen in Demokratien weltweit ein Abdriften ins Rechtsextreme - von Donald Trump in den USA, über Giorgia Meloni in Italien, bis Herbert Kickl in Österreich. Auch aktuelle Ergebnisse aus Wissenschaft und Forschung bringen Menschen auf die Straßen. Erst Ende Januar hatte beispielsweise eine repräsentative Studie der Jewish Claims Conference für Aufsehen gesorgt. Ergebnis: Bei vielen jungen Menschen gibt es große Wissenslücken beim Thema Holocaust.
Befragt wurden dabei Tausende junge Menschen zwischen 18 und 29 Jahren in Europa, den USA und Kanada. In Deutschland gaben etwa 40 Prozent der Befragten an, nicht gewusst zu haben, dass etwa 6 Millionen Jüdinnen und Juden von den Nazis ermordet wurden. Viele sind außerdem der Meinung, es wären deutlich weniger Opfer gewesen. Und beim Begriff "Holocaust" gibt es im Ländervergleich große Unterschiede: In Frankreich gaben 46 Prozent der Befragten in der gleichen Altersgruppe an, noch nie davon gehört zu haben. In Rumänien waren es 15 Prozent, in Österreich 14, in Deutschland 12 Prozent.
In den USA schaffte es fast die Hälfte der Befragten nicht, ein einziges Konzentrationslager beim Namen zu nennen. In Deutschland waren das 18 Prozent. Die Jewish Claims Conference befürchtet, dass die Wissenslücken noch wachsen könnten. Auch weil es immer weniger Überlebende gibt, die über die Zeit des Nationalsozialismus noch reden und aufklären können.
Unsere Quellen:
- WDR-Reporter vor Ort
- Nachrichtenagentur dpa
- ARD-DeutschlandTrend
- Jewish Claims Conference
Über dieses Thema berichtet der WDR am 8.2.2025 auch im Fernsehen: WDR aktuell, 12.45 Uhr.