Equal Pay Day I Aktuelle Stunde

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Equal Pay Day: Lohnbenachteiligung in fünf Grafiken

Stand: 07.03.2025, 19:13 Uhr

Immer noch verdienen Frauen hierzulande durchschnittlich weniger als Männer in genau denselben Berufen. Ein Blick auf Zahlen und Fakten.

Von Nina Magoley

Es bleibt ein zäher Kampf: Auch am Equal Pay Day 2025 klafft die Lücke zwischen Löhnen von Frauen und Männern in Deutschland. Im Schnitt sechs Prozent weniger erhalten Frauen als ihre männlichen Kollegen - wohlgemerkt im gleichen Job und mit der gleichen Qualifikation.

Der sogenannte unbereinigte Gender Pay Gap ist in Deutschland sogar noch viel größer und liegt - auch in NRW - bei 16 Prozent. Das sind umgerechnet 4,04 Euro pro Bruttostundenlohn und immerhin zwei Prozent weniger als im vergangenen Jahr. Dabei sind einige Fakten nicht herausgerechnet, die aber eine große Rolle spielen: Dass Frauen häufiger in ohnehin schlecht bezahlten Branchen arbeiten - zum Beispiel in der Pflege. Oder dass Frauen häufiger in Teilzeit arbeiten oder mehr Elternzeit wahrnehmen, um sich um ihre Kinder zu kümmern.

Der sogenannte bereinigte Gender Pay Gap von sechs Prozent hat sich nicht verändert. Er beschreibt den Gehaltsunterschied zwischen Frauen und Männern mit gleicher Qualifikation in vergleichbaren Jobs. Umgerechnet sind das derzeit 1,54 Euro Bruttoverdienst Unterschied je Arbeitsstunde.

Ein Drittel der Frauen sieht Diskriminierung als Grund

Laut einer Yougov-Umfrage im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur sehen die meisten Männer die Hauptursache für den Pay Gap in der Tatsache, dass Frauen ihre Karriere zugunsten der Familie unterbrechen oder mehr in Teilzeit arbeiten als Männer. Immerhin 21 Prozent vermuten Diskriminierung am Arbeitsplatz und 16 Prozent ein schlechteres Verhandlungsgeschick der Frauen. Die befragten Frauen nannten dieselben Faktoren, auch in dieser Reihenfolge. Bei der Diskriminierung sehen allerdings 30 Prozent der Frauen das als eine Ursache.

In der Studie "The child penalty" kommen Forscher außerdem zu dem Schluss, dass Frauen in Deutschland nach der Geburt des ersten Kindes im Durchschnitt schlagartig sehr viel weniger Geld verdienen, als Männer.

Frauen über 50 besonders benachteiligt

Besonders schlecht sieht es immer noch für Frauen im Alter von 50 bis 59 Jahren aus. Sie verdienten im vergangenen Jahr in NRW - unbereinigt - im Schnitt mehr als ein Fünftel (22 Prozent) weniger als gleichaltrige Männer. Das zeigen Zahlen des Statistischen Landesamts. Der Lohnabstand zwischen allen abhängig beschäftigten Frauen und Männern war damit 2024 in dieser Altersgruppe am höchsten. Die geringste Lohn-Lücke besteht demnach bei Berufstätigen bis 30 Jahren.

Ein etwas tieferer Blick in die Statistiken zeigt, dass Frauen nicht nur weniger pro Stunde erhalten, sondern auch überhaupt seltener in Lohnarbeit sind und öfter in Teilzeit arbeiten als Männer. Akut wirkt sich das auf die finanziellen Möglichkeiten im Monat aus, langfristig auch auf die soziale Absicherung im Rentenalter.

Große Unterscheide bei verschiedenen Branchen

Wie groß der Gender Pay Gap ist, hängt stark von der jeweiligen Branche ab. Am allergrößten ist der Lohnunterschied bei wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen, die von Freiberuflern erbracht werden. Hier gelingt es Männern offenbar, eine deutlich höhere Bezahlung für dieselbe Leistung zu erzielen wie Frauen.

Auch vergrößert sich die Lücke, je höher die Qualifikationsanforderungen eines Jobs sind: Bei Helferberufen liegt der Gap in NRW bei acht Prozent, während in Jobs auf Expertenniveau Männer im Durchschnitt um ein Viertel höher bezahlt werden als ihre weiblichen Kolleginnen. Die gleiche Lohnlücke zwischen Männern und Frauen klafft bei Führungskräften. Und auch ein hoher Bildungsabschluss - wie beispielsweise Diplom oder Promotion - ändert nichts daran, dass hier Männer durchschnittlich 21 Prozent mehr Geld bekommen als Frauen.

In einer detailreichen Übersicht informiert das Landesamt für Statistik NRW über die Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen auch in bestimmten beruflichen Zweigen:

Wenig Transparenz

Offen über das eigene Einkommen zu reden, hat in Deutschland keine Tradition. Die meisten Menschen halten sich da lieber bedeckt. Was allerdings auch mit dazu beiträgt, dass viele Frauen gar nicht ahnen, dass ihre männlichen Kollegen im selben Unternehmen für dieselbe Arbeit deutlich mehr Geld bekommen.

In der Redaktion des WDR Podcasts 0630 gingen zahlreiche Nachrichten von Frauen ein, die genau das erzählten: So fand Ergotherapeutin Moni erst nach Monaten heraus, dass ihr Kollege mit denselben Qualifikationen deutlich mehr Geld bekam. Selbst eine Lehrerin hatte das an ihrer Schule erlebt.

Gesetz soll Arbeitgeber zu Offenheit verpflichten

Die Equal Pay Day Kampagne hat den diesjährigen Tag deshalb unter das Motto "Entgelttransparenz jetzt!" gestellt: Die europäische Entgelttransparenzrichtlinie, die im Juni 2023 in Kraft getreten ist, muss bis 2026 in deutsches Recht umgesetzt werden. Darin wird nicht nur noch einmal klargestellt, dass Arbeitgeber sicherstellen müssen, ihren Mitarbeitern gleiches Entgelt für gleichwertige Arbeit zu zahlen.

Das Gesetz soll auch mehr Transparenz schaffen: Arbeitnehmer und vor allem auch Arbeitnehmerinnen haben das Recht, vom Arbeitgeber Auskunft über die durchschnittliche Lohnhöhe für ihren Arbeitsbereich zu bekommen, aufgeschlüsselt nach Geschlecht. Arbeitgeber sind also verpflichtet, offen zu erklären und zu kommunizieren, nach welchen Kriterien sie ihre Angestellten wie bezahlen.

Und: Das Gesetz verbietet eine offenbar weitverbreitete Unsitte. Viele Unternehmen verpflichten ihre Angestellten vertraglich, Stillschweigen über ihr Einkommen zu bewahren. Das ist zumindest in größeren Unternehmen nicht mehr erlaubt.

Deutschland auf fünftletztem Platz

Im EU-Vergleich steht Deutschland bei der Gleichberechtigung nicht besonders gut da. Nach Zahlen des Statistischen Bundesamts ist der Lohnunterschied unbereinigt nur in vier anderen Ländern noch größer: In Ungarn, Tschechien, Österreich und Lettland. Das Amt weist allerdings darauf hin, dass die Daten auf EU-Ebene bislang erst bis zum Jahr 2023 vorliegen. Unter den 27 EU-Staaten wies Lettland mit 19 Prozent den höchsten Gender Pay Gap auf. 

Entstanden ist der Equal Pay Day, der Tag für gleiche Bezahlung, in den USA - als Initiative der amerikanischen "Business and Professional Women" (BPW). 1963 wurde der Pay Equity Act vom damaligen US-Präsidenten John F. Kennedy unterzeichnet. Der deutsche BPW-Ableger griff die Idee auf und startete 2007 die Initiative "Rote Tasche", die den Grundstein für die Einführung des Equal Pay Day in Deutschland legte. 

Streik am Equal Pay Day

WDR Studios NRW 07.03.2025 00:49 Min. Verfügbar bis 07.03.2027 WDR Online


Quellen:

  • Kampagne Equal Pay Day
  • Statistisches Landesamt IT.NRW
  • Statistisches Bundesamt
  • Studie "The child penalty"
  • Yougov-Umfrage