Eine Frau hält einen Gaming Controller in ihren Händen

Deutsche Games haben es schwer - Stipendium soll helfen

Stand: 28.10.2024, 17:21 Uhr

Digitale Spiele zu entwickeln, ist in Deutschland teuer. Ein Stipendium soll die Branche nun international konkurrenzfähig machen.

In Deutschland zockt mehr als die Hälfte der Bevölkerung (53 Prozent) zumindest gelegentlich an PC, Konsole, Tablet oder auf dem Handy. Ein großer Markt, der von der Exportnation Deutschland aber vor allem aus dem Ausland bedient wird. Deutsche Spieleentwickler haben es im internationalen Konkurrenzkampf schwer, weil die Entwicklungskosten bis zu 30 Prozent höher sind, erklärt Felix Falk dem WDR.

Falk ist Geschäftsführer bei "Game", dem Verband der deutschen Gaming-Branche. Er hofft, dass ein neues Stipendium der Bundesregierung, für das man sich seit Montag bewerben kann, hilft, dieses Problem zu lösen: "Das ist ein ganz wichtiger Impuls, weil ganz viele Menschen sich nicht trauen, ihr Studio zu gründen."

"Es ist schade zu sehen, dass in Deutschland zwar ganz viel gespielt wird, aber wir bei der Produktion von Spielen hinterherlaufen." Felix Falk, Geschäftsführer beim Verband "Games".

Was sind die Probleme der Gaming-Branche?

Falk attestiert der Gaming-Branche in Deutschland viel Potenzial. Sie laufe aber "seit vielen Jahren anderen Standorten auf der Welt" hinterher. Bei der Produktion falle der Weg an die Weltspitze schwer, doch die sei das Ziel.

Falk sieht in Deutschland einen "ganz entscheidenden Wettbewerbsnachteil": Andere Länder hätten vor mehr als zehn Jahren bereits angefangen, die Branche zu unterstützen. Damit habe Deutschland erst 2020 begonnen und die Förderung teilweise wieder unterbrochen, weil die Standortbedingungen nicht verlässlich seien und das Geld nicht reiche.

Dies schlage sich in den höheren Entwicklungskosten nieder: "30 Prozent - das ist in so einer globalen und dynamischen Branche ein ganz klarer Wettbewerbsnachteil." Den könnten Unternehmen aus eigener Kraft "kaum ausgleichen". Entsprechend sinkt die Zahl neu gegründeter Games-Unternehmen nach Verbandsangaben in Deutschland seit 2021 wieder.

2020 waren es noch 93, ein Jahr darauf 78, 2022 nur noch 60 und im vergangenen Jahr 33. Unter den Bundesländern belegt NRW in diesen vier Jahren mit 38 hinter Bayern (62) und Berlin (57) Platz drei.

Jennifer Pankratz, Mitgründerin des Pithead Studios in Bochum beschreibt, warum es ohne Förderung nicht klappt: "Das größte Problem bei der Spieleentwicklung ist, dass es erstmal eine sehr lange Zeit gibt, die man irgendwie überbrücken muss, bis das erste Spiel entstanden ist und man dann ja auch erst Geld damit verdienen kann. Das heißt, man benötigt erstmal Geld."

Was läuft gut in Deutschland?

"Der deutschen Games-Branche geht es eigentlich gut, denn wir haben riesige Kreativität. Wir haben ganz viele Menschen, die hier Spiele entwickeln wollen", so Falk. Das sieht Pankratz genauso: "In Deutschland fehlt es eigentlich nicht an Ideen oder Technologie. Da sind wir ganz gut aufgestellt."

"Wir haben da eine Menge aufzuholen. Da ist ein Riesenpotenzial - hier in Deutschland überall." Felix Falk, Geschäftsführer bei "Game"

Es ist auch nicht so, als würden in Deutschland keine erfolgreichen Spiele produziert. Die Anno-Serie vom Düsseldorfer Spiele-Entwickler Ubisoft Blue Byte - zuletzt mit "Anno 1800" - beweist das Gegenteil.

Felix Falk, Geschäftsführer des Game-Verbandes, steht auf der Gamescom vor Cosplayern

Felix Falk, Geschäftsführer des Verbandes "Game"

Anfang dieses Jahres hat das Frankfurter Studio "Keen Games" für Aufsehen gesorgt. Das Survival- und Aufbau-Spiel "Enshrouded" fand in nicht mal zwei Monaten mehr als zwei Millionen Käufer. Für den frühen Zugang zu einem Spiel, das noch in der Entwicklung ist und bei einem Preis von fast 30 Euro, eine hohe Zahl.

Die letzten Jahre haben laut Falk zwischenzeitlich durch eine "wettbewerbsfähige Gamesförderung auf Bundesebene" gezeigt, dass die Branche national sehr schnell wachsen könne. "Da ist ein richtiger Boom losgegangen", sagt Falk - mehr Gründungen, mehr Angestellte, mehr eigene Spiele. Das Auslaufen der Förderung in den letzten anderthalb Jahren haben diesen Boom deutlich ausgebremst.

Wie soll das Stipendium helfen?

Mit der jetzt aufgelegten Förderung "Press Start: Gründungsstipendium Games" will Claudia Roth (Grüne), die in der Bundesregierung für die Kultur- und Medienpolitik zuständig ist, den Fuß von der Bremse nehmen. Mit 2.750 Euro monatlich über einen Zeitraum von anderthalb Jahren sollen bis zu 130 Gründer und Gründerinnen aus ganz Deutschland unterstützt werden. Bewerben kann man sich für ein Stipendium noch bis zum 17. November. Für das Programm stehen rund 8 Millionen Euro zur Verfügung.

Diese Förderung ist "ein ganz wichtiger Bestandteil, wenn ich den Games-Markt in Deutschland international konkurrenzfähig bekommen will", betont Falk. Die 2.750 Euro, "wo ich anderthalb Jahre zumindest meine Lebenshaltungskosten anteilig mitfinanziert bekomme", sollen den Entwicklern den Rücken für ihre Arbeit freihalten.

Wie wichtig ist die Gaming-Branche?

Deutschland belegt bei der Zahl der Spieler zumindest in Europa Platz eins, und der Umsatz beträgt fast zehn Milliarden Euro - "das ist mehr als Musik und Film zusammengenommen", sagt Falk.

Nach Angaben seines Verbandes verdienen mehr als 30.000 Menschen ihr Geld "mit oder wegen Games". Bei Entwicklern und Publishern sei die Zahl 2024 leicht auf 12.408 Beschäftigte gestiegen (plus 3,5 Prozent).

Unsere Quellen:

  • Gespräch mit Felix Falk, Geschäftsführer des Verbandes "Games"
  • Gespräch mit Jennifer Pankratz, Mitgründerin des Pithead Studios in Bochum
  • Verband "Games"
  • Claudia Roth, Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien
  • Daten der Statista GmbH

Über dieses Thema berichten wir am 30.10.2024 auch im News-Podcast "0630".

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