Kann man es eine Invasion nennen? Eine Besetzung? Soll es eine freundliche Übernahme werden, ein Landkauf? US-Präsident Donald Trump hat am Dienstag sein Vorhaben noch einmal erklärt: Er werde Gaza ganz einfach "haben", sagte er , "wir brauchen es nicht zu kaufen".
Aktuell scheint die Waffenruhe in Gaza aber ohnehin wieder gefährdet: Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hat der Hamas mit einer Fortsetzung der Angriffe gedroht, wenn die nächste geplante Geisel-Freilassung bis Samstag nicht stattfinden sollte.
Wie ist die Ausgangslage?
Der Norden des Gazastreifens gilt als nahezu komplett zerstört. Bilder zeigen, wie Geflohene, die in den vergangenen Tagen aus dem Süden des Landes zurück in ihre Heimatorte kamen, vor ihren ehemaligen Häusern campen. Hinter ihnen: nur noch Schutthaufen.
Mehr als 60 Prozent der Wohnungen im Gazastreifen seien durch den Krieg zwischen Israel und der islamistischen Hamas zerstört, meldete die UN am Dienstag. Für den Wiederaufbau würden demnach mehr als 53 Milliarden Dollar (51 Milliarden Euro) benötigt. Die UN schätzt, dass durch die Angriffe Israels mehr als 50 Millionen Tonnen Trümmer erzeugt wurden, unter denen sich neben Blindgängern, Asbest und anderen gefährlichen Substanzen auch menschliche Überreste befänden.
Welche Vorschläge gibt es zur Zukunft des Gazastreifens?
Die meisten Länder sind nach wie vor davon überzeugt, dass nur eine Zwei-Staaten-Lösung eine halbwegs friedliche Zukunft für die palästinensische Bevölkerung im Gazastreifen bringen würde: Gaza und Israel sollen demnach als eigenständige Staaten nebeneinander existieren. Nach Vorstellung der EU gehört dazu, dass Jerusalem zukünftige Hauptstadt beider Staaten sein sollte.
![US-Präsident Donald Trump im Februar 2025 | Bildquelle: Chris Kleponis / Pool via CNP / ddp/abaca press US-Präsident Donald Trump im Februar 2025](/mediathek/audio/wdr5/wdr5-mittagsecho/trump-380~_v-ARDAustauschformat.jpg)
US-Präsident Trump: "Werden Gaza einfach haben"
Weiter heißt es in einem EU-Ratsbeschluss von 2014: "Sicherheitsarrangements sollen die palästinensische Souveränität respektieren und ein Ende der Besatzung einläuten. Gleichzeitig sollen sie die Sicherheit Israels gewährleisten, Terrorismus verhindern und einen effektiven Umgang mit Sicherheitsbedrohungen ermöglichen."
US-Präsident Trump hat einen anderen Plan: Vor gut zwei Wochen verkündete er überraschend, die USA würden Gaza übernehmen. Schon zuvor hatte Trump das Gebiet mehrfach als äußerst attraktiven Landstrich gepriesen: Mit seiner langen Mittelmeerküste in sonniger Lage könne Gaza zur "Riviera des Ostens" werden".
Bei einem Besuch des jordanischen Königs Abdullah II. in Washington am Dienstag pries Trump seine Expertise als Kenner der Immobilienbranche. In Gaza sollten Hotels, Wohnungen und Büros entstehen, mit dem Wiederaufbau würden viele Arbeitsplätze in der Region geschaffen, sagte er.
1,8 Millionen Palästinenser sollten dazu ihre Heimatregion verlassen, so Trump: Sie sollen umziehen nach Ägypten und Jordanien. Wer dann stattdessen die neuen "Hotels, Wohnungen und Büros" in dem Land bewohnt und betreibt, ließ er offen.
Was sagen Ägypten und Jordanien zu Trumps Forderung an sie?
Beide Staaten lehnen diese Idee strikt ab - ebenso wie viele andere Regierungen in der Region und weltweit. Der ägyptische Präsident Abdel Fattah al-Sisi sagte, die Gründung eines eigenständigen Palästinenserstaates sei die einzige Garantie für dauerhaften Frieden im Nahen Osten. Das ägyptische Außenministerium teilt mit, man werde einen "umfassenden Vorschlag" für den Wiederaufbau des Gazastreifens unterbreiten und zugleich sicherstellen, dass die Palästinenser auf ihrem Land bleiben.
![Jordanischer König Abdullah II. und Trump schütteln die Hände | Bildquelle: ERIC LEE/The NewYorkTimes/Redux/laif Jordanischer König Abdullah II. und Trump schütteln die Hände](/nachrichten/jordanischer-koenig-100~_v-ARDAustauschformat.jpg)
Schwierige Mission: Jordaniens König Abdullah bei Trump
Der jordanische König wiederholte nach dem Treffen mit Trump im Weißen Haus in Washington seine "unerschütterliche Position gegen die Vertreibung der Palästinenser im Gazastreifen und im Westjordanland". Bereits jetzt sind mehr als die Hälfte der gut zehn Millionen Einwohner Jordaniens Palästinenser, die teils schon vor Jahrzehnten vor Krieg, Unterdrückung und Armut in das Nachbarland Israels geflohen sind.
In zehn offiziellen Flüchtlingscamps, die teils schon seit 1948 in Jordanien existieren, leben nach Angaben des Hilfswerks UNRWA mehr als zwei Millionen palästinensische Flüchtlinge.
Allerdings drohte Trump Jordanien und Ägypten bereits mit dem Entzug von Finanzhilfen in Milliardenhöhe aus den USA, sollten sie sich seinen Forderungen widersetzen.
Beide Staatslenker übten sich daher darin, ihre klare Ablehnung Trump gegenüber mit lobenden Worten zu verknüpfen. Man freue sich auf die Zusammenarbeit mit US-Präsident Donald Trump, meldete beispielsweise das ägyptische Außenministerium. Das ist nicht unklug: Immer wieder konnte man beobachten, dass der neue US-Präsident in der Regel sehr aggressiv auf Kritik reagiert, sich bei lobender Erwähnung seiner Person oder Ideen aber geschmeichelt zeigt und offener bleibt.
Wie ist die Haltung in Deutschland?
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bezeichnete Trumps Vorhaben als "Skandal". Friedrich Merz, Kanzlerkandidat der Union, sagte, Trumps Vorstoß gehöre in eine ganze Serie irritierender Vorschläge aus der US-Administration. Man müsse aber "abwarten, was davon dann wirklich ernst gemeint ist und wie es umgesetzt wird". Er vermute "auch viel Rhetorik dabei".
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) besteht auf einer verhandelten Zweistaatenlösung: Eine Vertreibung der palästinensischen Zivilbevölkerung aus Gaza "wäre nicht nur inakzeptabel und völkerrechtswidrig", sagte sie. "Eine Lösung über die Köpfe der Palästinenserinnen und Palästinenser hinweg darf es nicht geben."
Quellen:
- Nachrichtenagenturen DPA und AP
- Resolution 181/II der Vereinten Nationen (UN)
- Homepage Auswärtiges Amt zum Nahost-Konflikt