Glücksatlas und Frühlingsanfang | WDR aktuell

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Weltglückstag: Was macht uns glücklich?

Stand: 20.03.2025, 13:04 Uhr

Jedes Jahr am Weltglückstag wird eine Rangliste der glücklichsten Länder veröffentlicht. Was ist entscheidend für Glück und Zufriedenheit? Und was kann man von den Finnen lernen?

Seit 13 Jahren ist der 20. März der offizielle Weltglückstag der Vereinten Nationen. Am heutigen Donnerstag passt der besonders gut, denn der Blick aus dem Fenster beziehungsweise der Gang ins Freie dürfte doch bei den meisten Menschen in NRW für gute Laune und Glücksgefühle sorgen: Die Vögel zwitschern, der Himmel ist hell und freundlich, die Sonne scheint, die Temperaturen kratzen knapp an der 20-Grad-Marke.

World Happiness Report

WDR Studios NRW 20.03.2025 06:10 Min. Verfügbar bis 20.03.2027 WDR Online


Doch das Wetter ist nur eine von vielen Möglichkeiten, die dazu führen, dass sich Menschen glücklich fühlen. Im Weltglücksbericht, der einmal im Jahr von einem interdisziplinären Forscherteam der Universität Oxford vorgestellt wird und eine Rangliste aus 147 Länder bildet, spielen meteorologische und geografische Faktoren keine Rolle.

Stattdessen orientiert sich der Bericht an leichter vergleichbaren Punkten: nationale Wirtschaftsleistung, Gesundheit, das Freiheitsgefühl, die Großzügigkeit der Menschen und die Wahrnehmung von Korruption. Auch das Vertrauen innerhalb der Gemeinschaft spielt eine wichtige Rolle.

Das Pro-Kopf-Einkommen

Geld alleine macht zwar nicht glücklich, aber es spielt durchaus eine Rolle. Das finden zumindest die Ersteller des Weltglücksbericht, die die Höhe des Pro-Kopf-Einkommens als wichtigsten Beitrag miteinbeziehen. Der Kölner Verhaltensökonom Dominik Enste sieht das genauso: "Geld macht nicht glücklich, aber kein Geld zu haben, macht unglücklich", sagte er dem WDR.

Man habe über die Jahrzehnte beobachten können, dass "materieller Wohlstand sehr eng zusammenhängt mit der Lebenszufriedenheit der Menschen", sagte er dem WDR. Die Gleichung "je reicher, desto glücklicher" stimmt laut Enste aber nicht. Es gebe eine Grenze, ab der mehr Geld nicht zu mehr Glück führen würde. Wie hoch diese genau ist? "Darüber wird gestritten."

Glück ist für mich...

Glück hat viele Ursachen - und viele Gesichter. Am Weltglückstag haben wir uns bei Ihnen in NRW umgehört.

"Wenn ich Zeit mit Freunden verbringe und alle gute Laune haben und wenn man die Klausur geschafft hat.“

Emily Kokoschka aus Dortmund: "Wenn ich Zeit mit Freunden verbringe und alle gute Laune haben und wenn man die Klausur geschafft hat.“

Emily Kokoschka aus Dortmund: "Wenn ich Zeit mit Freunden verbringe und alle gute Laune haben und wenn man die Klausur geschafft hat.“

Nicole Dohr: "Weil ich in einer wunderbaren Partnerschaft lebe und einen Job habe, der mich total erfüllt"

Hermann Kleffel aus Höhenberg: "Weil ich Rentner bin und die Freizeit genießen kann und das schöne Wetter von heute"

Manuela Schliep aus Simmerath: "Meine Enkel Pia-Sophie und Mats machen mich glücklich. Auch wenn der Tag mal nicht so gut war: Wenn die beiden kommen und mich anlächeln, ist alles gut."

Anja Driesch aus Kempen: "Vor sechs Jahren habe ich eine Krebsdiagnose bekommen und da habe ich zum ersten Mal gemerkt, dass Gesund-Sein nicht selbstverständlich ist. Und dass ich heute hier stehe, ist für mich das größte Glück überhaupt. Ich versuche jeden Tag mein Glück zu genießen."  

Johanna Gewers aus Köln: "Ich habe einen guten Job, ich habe ein schönes Zuhause, ich bin gesund und Köln ist schön!"

Nico Hochgürtel aus Aachen: "Die Sonne macht mich glücklich. Und gutes Essen. Heute zum Weltglückstag ist es besonders schön, dass ich mit lieben Kollegen draußen essen kann."

Claudia Winter aus Hamm : "Mich macht es glücklich, mit anderen im Chor zu singen.“

Jan-Ole aus Wuppertal: "Meine Freundin Lena macht mich glücklich."

Claudia Groten aus Ahaus: "Ich bin irgendwie immer glücklich - aber besonders glücklich bin ich, wenn ich bei meinen Pflanzen bin. Diese Gärtnerei ist immer ein Kindheitstraum von mir gewesen. Unabhängigkeit ist für mich aber auch ein pures Glücksgefühl."

Annette Wiedeking aus Unna: "Mich macht es glücklich, dass ich zum ersten Mal Oma geworden bin“

Rolf Gerrards aus Aachen: "Glück ist für mich eine Einstellungssache. Es macht mich glücklich, wenn ich an das denke, was ich habe. Und Gesundheit ist auch ganz wichtig."

Monika Miche aus Wuppertal: "Mein Leben macht mich glücklich. Ich versuche es so zu gestalten, dass es mich glücklich macht, zum Beispiel durch Aktivitäten oder Abenteuer. Wichtig ist, dass man lebt und anderen Menschen Freude bereitet, zum Beispiel durchs Ehrenamt."

Sabrina Küppers aus Heiden: „Mich macht die Sonne heute richtig glücklich. Und draußen auf der Terrasse zu sitzen mit einem leckeren Kaffee und einem guten Buch.“

Gesunde und hohe Lebenserwartung

Alle Wünsche werden klein, gegen den, gesund zu sein: Hier kommt gleich der nächste Kalenderspruch, der aber dennoch viel Wahrheit in sich birgt. Denn nicht nur die eigenen Gesundheit, auch die der Freunde und Verwandte hat einen großen Einfluss auf die Zufriedenheit des einzelnen.

Doch auch hier sei als Basis die Wirtschaftskraft eines Landes entscheidend, findet Enste: "Man muss sich ein Gesundheitssystem, wie wir es in Deutschland haben, am Ende eben auch leisten können." Und bei aller Kritik am deutschen Gesundheitssystem: Ein Blick ins Ausland hilft hier oft, die Relationen zurechtzurücken.

Freiheit und soziale Unterstützung

Kann ich frei wählen, wie ich mein Leben gestalte? Gibt es Menschen, die mir bei Problemen beistehen? Spielt Großzügigkeit in der Gesellschaft eine Rolle? Je öfter diese Fragen positiv beantwortet werden, desto höher der "Glücks-Index" des jeweiligen Landes.

Ein Konzept, das für Hilke Brockmann, Soziologin bei der Constructor University, Sinn ergibt. "Es sind soziale Ereignisse, die die Menschen glücklicher machen", sagte sie dem WDR. "Diese muss man suchen und selbst gestalten." Dazu gehörten beispielsweise Unternehmungen mit Freunden und Familie.

Keine Korruption, Vertrauen in Institutionen, großzügiger Staat

Aber auch der Staat könne Bedingungen schaffen, um die Menschen glücklicher zu machen, glaubt Brockmann: "Dazu gehört eben eine sehr vertrauenswürdige Regierung, vertrauenswürdige Institutionen, auch eine gewisse Großzügigkeit von der öffentlichen Hand." In den vergangenen Jahren habe bei uns eine eher liberale Politik geherrscht, der Einzelne sei in den Vordergrund gerückt, das Gemeinwohl "doch ein bisschen zusammengespart worden", sagt Brockmann.

Hier könne man von den skandinavischen Ländern lernen. Tatsächlich befinden sich mit Finnland auf Platz 1, Dänemark auf Platz 2, Island auf Platz 3, Schweden auf Platz 4 und Norwegen auf Platz 7 fünf skandinavische bzw. nordische Länder weit oben im Glücksranking.

Zum Thema Vertrauen in die Institutionen gehört für die Studienmacher auch die Abwesenheit von Korruption, die einen der wichtigsten Einflüsse auf das Glücksgefühl des Einzelnen haben soll. Das erklärt, wieso sich Länder wie Afghanistan, Sierra Leone oder Libanon ganz unten auf der Liste finden. Denn dass dort Korruption ein großes Problem ist, zeigen die Berichte von "Transparency International" jedes Jahr aufs Neue.

Finnland: Seit Jahren an der Spitze

In den vergangenen acht Jahren hat jeweils Finnland am besten beim Glücksbericht abgeschnitten - und das, obwohl die Klischees, die man als Mitteleuropäer im Kopf hat, das Leben dort erst einmal nicht sehr rosig scheinen lassen: kalte und lange Winter, viel Dunkelheit, die geografische Nähe zum Aggressor Russland. Doch das spielt offenbar keine entscheidende Rolle in einem Land, in dem man Glück und Zufriedenheit sogar lernen kann.

In den finnischen Schulen steht die Entwicklung von emotionalen Fähigkeiten auf dem Lehrplan, manchmal sogar als eigenständiges Unterrichtsfach. Hinzu komme die Rolle des Staates, der für Chancengleichheit sorge. "Auch wenn am finnischen Sozialstaat kräftig gespart wird, haben viele noch das Gefühl, in einem intakten System zu leben", sagt die Skandinavien-Korrespondetin Sofie Donges.

Geteiltes Glück ist doppeltes Glück

Die Forscherinnen und Forscher haben für die aktuelle Studie aber auch einen expliziten Blick darauf geworfen, wie die Menschen selbst miteinander umgehen, welche Auswirkungen das fürsorgliche Miteinander und gemeinsame Teilen auf das Glück der Menschen hat. Eine ihrer Erkenntnisse: Das Vertrauen in die Freundlichkeit von anderen ist viel stärker mit dem Glücklichsein verbunden als bislang angenommen - und die Menschen sind viel netter zueinander, als man denkt.

"Wenn Sie auf der Straße eine unbekannte Person auf der Straße für einen für einen Freund halten, den Sie noch nicht kennen, dann verhalten Sie sich ganz anders, als wenn Sie dem Unbekannten gleich misstrauen", sagt John Helliwell, einer der Autoren des Glücksberichts. "Das Gefühl von Zusammengehörigkeit und der Bereitschaft, einander zu helfen, das ist aus historischen und anderen Gründen weit verbreitet in den nordischen Ländern. Menschen kümmern sich umeinander."

Deutschland auf Rang 22

Von den deutschsprachigen Ländern die Schweiz das glücklichste Land, rutscht aber von Platz 9 auf 13 weiter ab - vor drei Jahren lagen die Eidgenossen noch auf Rang 4. Österreich verliert ebenfalls und landet drei Ränge weiter hinten als im Vorjahr auf Position 17. Deutschland verbessert sich dagegen von Rang 24 auf 22.

Derzeit kann man in Deutschland zwar leicht das Gefühl bekommen, die Stimmung sei schlecht. Der Glücksbericht bestätigt diese Wahrnehmung aber nicht: Deutschland liegt vor den größeren europäischen Nationen Großbritannien (Platz 23), Polen (26), Frankreich (33), Spanien (38) und Italien (40).

Unsere Quellen:

  • Interview mit Verhaltensökonom Dominik Enste
  • Interview mit Soziologin Hilke Brockmann
  • Auswertung Weltglücksbericht der Universität Oxford (Interview mit einem der Autoren, John Helliwell)
  • Nachrichtenagentur DPA