Infantino beklagt "Doppelmoral" der Katar-Kritiker - und erntet Shitstorm
Stand: 19.11.2022, 18:21 Uhr
Einen Tag vor dem Eröffnungsspiel der WM hat FIFA-Präsident Gianni Infantino eine "Doppelmoral" westlicher Nationen gegen WM-Gastgeber Katar angeprangert. Seine Äußerung, er sei heute "homosexuell" und "behindert" empören Menschen weltweit.
Seine Pressekonferenz eröffnete der Schweizer mit: "Heute fühle ich sehr starke Gefühle, heute fühle ich mich als Katarer, heute fühle ich mich als Araber, heute fühle ich mich afrikanisch. Heute fühle ich mich homosexuell. Heute fühle ich mich behindert, heute fühle ich mich als Arbeitsmigrant." Er habe am eigenen Leib erfahren, wie es sei diskriminiert zu werden, so der FIFA-Präsident: "Ich wurde gemobbt weil ich rote Haare hatte."
Lesben- und Schwulenverband kritisiert Infantino
LSVD NRW-Geschäftsführer Klaus Jetz
Die Wirkung, die der FIFA-Präsident mit diesen Aussagen offenbar erzielen wollte, blieb jedoch aus. Stattdessen kritisiert ihn unter anderem der Geschäftsführer des Lesben- und Schwulenverbands (LSVD) NRW Klaus Jetz seinerseits für eine "Doppelzüngigkeit".
Infantino gehe es nicht um die Stärkung der Menschenrechte von Arabern oder afrikanischen homosexuellen Männern oder Arbeitsmigranten, so Jetz. "Ihm geht es nur darum, dafür Sorge zu tragen, dass die Fußball-WM ohne große Komplikationen stattfindet. Es geht ihm nur um das Geschäft, das Geld, die heilige Kuh."
Paralympics-Siegerin Bentele: "Mich hat er nicht überzeugt!"
Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland
Auch die ehemalige Biathletin und Paralympics-Siegerin Verena Bentele haben die Worte des FIFA-Präsidenten nicht überzeugt. "Weil mich die Gefühle von ihm überhaupt nicht interessieren einen Tag vor dem Turnier." Sie bewertet Infantions Rede viel mehr als Marketing-Strategie.
Hohn und Spott auf Twitter
Ähnlich sahen das auch viele in Sozialen netzwerken, bei denen vor allem diese ersten Äußerungen aus der rund eine Stunde dauernden rede von infantino. Sie kommentierten seine Aussagen größtenteil erbost oder ironisch.
Europäische "Doppelmoral"
"Ich denke, was wir Europäer in den vergangenen 3.000 Jahren weltweit gemacht haben, da sollten wir uns die nächsten 3.000 Jahre entschuldigen, bevor wir anfangen, moralische Ratschläge an andere zu verteilen", sagte der 52-Jährige während einer Pressekonferenz am Samstag in Al-Rajjan. Es sei "traurig", diese "Doppelmoral" erleben zu müssen.
Scharfe Kritik wegen Menschenrechtssituation
Katar steht seit Jahren wegen des schlechten Umgangs mit Menschenrechten sowie den Lebensbedingungen für ausländische Arbeiter in der Kritik, die auch von unabhängigen Organisationen wie Amnesty International geäußert wurde. Die Regierung des Emirats weist das zurück.