Im Vorfeld hatte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) die Reform als "Revolution" angekündigt. Die "Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung", die im Mai berufen wurde, machte drei konkrete Vorschläge, wie diese Reform in ihren Augen aussehen sollte:
1. Vorhaltekosten sollen übernommen werden
Einer der wichtigsten Punkte ist die Finanzierung. Bisher lief diese über Fallpauschalen: Krankenhäuser bekommen eine bestimmte Menge Geld für eine bestimmte Erkrankung, die sie behandeln. Über diese Fallpauschalen mussten Krankenhäuser auch ihre Fixkosten decken, zum Beispiel das Bereitstellen (Vorhalten) von Personal oder notwendiger Medizintechnik. In Zukunft sollen auch solche Vorhalteleistungen in Krankenhäusern extra vergütet werden. Das nehme den ökonomischen Druck von den Häusern und dem Personal, so die Kommission.
Die Krankenhäuser sollen einen festen Betrag für Vorhaltekosten bekommen, unabhängig von der Anzahl der Patientinnen und Patienten, die sie aktuell behandeln. Diese Kosten sollen in Zukunft 40 Prozent der Finanzierung ausmachen. In manchen Fällen sogar 60 Prozent wenn es zum Beispiel um die Notfallversorgung, Intensivmedizin, Neonatologie (Neugeborenenmedizin) oder Geburtshilfe geht. Der Rest der Kosten wird von der Fallpauschale abgedeckt. Diese könne nicht ganz wegfallen. Ganz ohne ökonomischen Anreiz gehe es nicht, sonst würden die Kosten im Gesundheitssystem explodieren, so Christian Karagiannidis, Mitglied der Regierungskommission.
2. Drei Krankenhauslevel
Außerdem sollen Krankenhäuser in Deutschland in drei Versorgungslevel eingeteilt werden: Grundversorgung, Schwerpunktversorgung und Maximalversorgung. Die Grundversorgung soll lediglich eine Basisversorgung vor Ort vornehmen können, die Schwerpunktversorgung kann dazu noch weitere Leistungen anbieten und die Maximalversorgung sind Krankenhäuser mit einem sehr umfassenden Angebot, wie z.B. Unikliniken.
In diesem Vorschlag nimmt die Grundversorgung (Level 1) einen besonders wichtigen Platz ein. Sie soll auf lokaler Ebene eine wohnortnahe Versorgung garantieren. Damit dies finanzierbar bleibt, soll sie komplett aus dem Fallpauschal-System herausgenommen werden und über Tagespauschalen vergütet werden.
Für jedes Krankenhauslevel sollen erstmals einheitliche Mindeststandards gelten, sodass jeder in Deutschland überall die gleiche Versorgungsqualität erwarten kann.
3. Definierte Leistungsgruppen
Ein weiterer Vorschlag der Kommission: Krankenhäuser sollen ihre Aufgabengebiete nicht mehr nach klassischen medizinischen Fächern zugeteilt bekommen (z.B. Innere Medizin), sondern zielgenauer mit einzelnen und enger definierten Leistungsgruppen (z.B. Onkologie oder Kardiologie).
Das sei wichtig, damit in Zukunft nur noch die Krankenhäuser spezielle Fälle behandeln, die dafür auch das geeignete Personal und medizinische Ausstattung haben. Derzeit sei es so, dass auch Krankenhäuser ohne die passende Ausstattung gewisse Fälle behandeln, wie etwa onkologische Erkrankungen, ohne dass ein zertifiziertes Krebszentrum vorhanden ist.
Reform soll frühere Fehler berichtigen
Die Reform solle auch dafür sorgen, dass Mitarbeitende länger im Krankenhaussektor bleiben und arbeiten wollen, da der ökonomische Druck wegfalle, so Karl Lauterbach.
Das Fallpauschalsystem war 2003 eingeführt worden, auch unter Mitwirkung von Lauterbach. Es sei aber teilweise kontraproduktiv, so der Minister, da die Krankenhäuser durch das System unter zu großem wirtschaftlichen Druck stünden. Die Kommission rechnet mit einer Übergangszeit von etwa fünf Jahren, bis die Reform vollständig in den Krankenhäusern eingeführt ist. Bisher sind die Vorschläge der Kommission auch nur Empfehlungen - politisch entschieden ist die Reform noch lange nicht.
NRW-Gesundheitsminister Laumann: Krankenhausplanung ist Ländersache
NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) begrüßte, dass der Bund, das System der Fallpauschalen "grundlegend überarbeiten will". Ins Detail wollte der CDU-Politiker noch nicht gehen. Da es sich um ein Papier der Expertenkommission handele, bleibe abzuwarten, wie die Bundesregierung das in konkrete Politik umsetzt. "Daher ist es für eine abschließende Bewertung zu früh", so Laumann.
Aber sicher ist für ihn schon jetzt: "In der Krankenhauslandschaft kann es kein 'Weiter so' geben." Und dann rammt Laumann gleich noch einen Kompetenzpflock ein: "Glasklar muss sein: Die Länder sind für die Krankenhausplanung zuständig und das muss so bleiben."
Laumann selbst hat eine Reform der Krankenhauslandschaft in NRW auf den Weg gebracht, um den, wie er sagt, "ruinösen Wettbewerb" zwischen Kliniken zu unterbinden.
Deutsche Krankenhausgesellschaft: Chance vertan
Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß, sagte zu Lauterbachs Reformplänen, dass dessen Planungen viel zu weit gehen und den Ländern zu viel vorgegeben werde. Der Bundesgesundheitsminister hätte die Länder viel früher einbeziehen müssen, er habe "eine Chance verspielt", so Gaß.
Ingo Morell, Präsident der Krankenhausgesellschaft NRW, befürchtet, dass die Planungen von Lauterbach und Laumann "nicht konform gehen", das "würde NRW im Zweifel zurückwerfen". Die Reformpläne der NRW-Landesregierung seien dagegen mit allen Beteiligten abgesprochen, die werde man nun auch umsetzen.