KI: Verpasst NRW den Anschluss?
Aktuelle Stunde . 10.02.2025. 16:19 Min.. UT. Verfügbar bis 10.02.2027. WDR. Von Mathea Schülke.
"Von der Kohle zur KI": So weit ist NRW beim Einsatz von KI
Stand: 10.02.2025, 19:09 Uhr
NRW investiert Millionen in Künstliche Intelligenz, um damit zu experimentieren und den Alltag einfacher zu machen. Und sicherer.
In Paris hat am Montag ein zweitägiges Gipfeltreffen zu Künstlicher Intelligenz begonnen. Mit dabei: Bundeskanzler Scholz, EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen, US-Vizepräsident Vance und die Großen der Tech-Branche wie Google-Chef Sundar Pichai und Sam Altman, der Mann hinter ChatGPT.
Der KI-Gipfel hat es in sich: Frankreichs Präsident Macron will damit verhindern, dass Europa den Anschluss verliert - angesichts harter Konkurrenz der KI-Giganten aus China und den USA. Es geht um Einsatz den Künstlicher Intelligenz bei Gesundheit, Bildung und Arbeit. Aber was ist eigentlich KI? Und welche Rolle spielt sie in NRW?
Was ist eigentlich KI?
MIt KI sind vor allem Maschinen oder Computerprogramme gemeint, die in der Lage sind, menschenähnliches Verhalten zu imitieren oder Aufgaben durchzuführen, die eigentlich menschliche Intelligenz erfordern. Sie können also Muster erkennen und zu diesen Mustern eigene Entscheidungen treffen. KI-Systeme müssen aber lernen, so wie wir.
Ein Beispiel: Wenn ein Computer erkennen soll, ob auf einem Bild eine Katze oder ein Hund abgebildet ist, wäre das mit einem normalen Computerprogramm schwierig umzusetzen. Der Programmierer müsste programmieren: "Analysiere die Ohren, die Augen, die Pfoten."
Eine KI wird trainiert: Man zeigt ihr tausende Fotos, sagt ihr, ob eine Katze oder ein Hund zu sehen ist – und dann kann die KI die Unterscheidung selbst vornehmen.
Wo kommt KI in NRW zum Einsatz?
War KI vor Jahren für viele Unternehmer und Forscher noch ein unbekanntes Schreckgespenst, wird sie bei uns in NRW mittlerweile hundertfach angewendet. Das Fraunhofer-Institut für Intelligente Analyse- und Informationssysteme hat die Einsatzgebiete auf einer "KI-Landkarte" aufgelistet:
Das größte und wertvollste KI-Unternehmen Deutschlands sitzt in Köln: DeepL ist ein Online-Übersetzer, der sich gegen Microsoft oder Google behauptet, und der laut "Wall Street Journal" mittlerweile mit zwei Milliarden US-Dollar bewertet wird.
Ein anderes KI-Projekt sitzt in Solingen. Dort geht es um den Hochwasserschutz im Einzugsgebiet der Wupper. Das Ziel: Hochwasser-Ereignisse präzise vorherzusagen – mit Hilfe von KI.
Dafür wurden entlang der Wupper etwa 80 Sensoren installiert. Sie messen die aktuelle Wetterlage, Temperaturen, Pegelstände, Windstärke. Dazu kommen historische Wetterdaten, die ins System fließen. "Die KI hilft uns dabei, die Summe dieser Informationen zusammenführen und valide Prognosen ableiten zu können", sagt Projektleiter Philip Velmer.
Bis Mitte 2026 soll die Hochwasserwarn-App fertig sein. Und später auch anderen Städten in Deutschland zur Verfügung gestellt werden.
Das Projekt wird vom Land mit 2,8 Millionen Euro gefördert. Denn klar ist: Ohne KI geht gar nichts mehr, sagt Projektinitiator Andreas Groß, der als Vize-Präsident der IHK für KI zuständig ist.
Wie "groß" ist KI in NRW?
Mehr als 70 Universitäten und Forschungseinrichtungen beschäftigen sich mittlerweile damit. Es gibt mehr als 100 Studiengänge mit dem Schwerpunkt KI.
Und auch in der Wirtschaft gewinnt die Technologie immer mehr an Bedeutung. Fast jedes fünfte Unternehmen hat im vergangenen Jahr Künstliche Intelligenz genutzt, zeigen Zahlen des Landesstatistikamtes IT.NRW.
Der Vorstandsvorsitzender des KI-Bundesverbands, Jörg Bienert, nennt die Region rund um Köln einen "zentralen KI-Standort in Deutschland und Europa" - auch wegen des Online-Übersetzers DeepL.
Wie steht NRW im Bundesvergleich da?
Christian Temath
"NRW spielt deutschlandweit in der Spitzenliga mit", sagt Dr. Christian Temath. Er ist seit September 2020 Geschäftsführer der Kompetenzplattform KI.NRW und arbeitet am Fraunhofer Institut in Sankt Augustin mit seinem Team daran, die Marke "KI made in NRW" zu etablieren. Die Plattform wird vom NRW-Wirtschaftsministerium gefördert.
Beispiele seien die Firma Miele, die Speisen in Backöfen erkenne, oder DeepL aus Köln. Andere führende Bundesländer seien Bayern, Baden-Württemberg oder Berlin mit einer großen Start-up-Szene. "Man kann aber zu Recht sagen: NRW kann KI", sagt Temath.
Können wir mit Ländern wie China und den USA konkurrieren?
Die Wirtschaftsweise Prof. Monika Schnitzer von der Uni München ist da eher skeptisch:
Christian Temath glaubt nicht, dass Deutschland oder NRW das Thema verschlafen habe. "Sicherlich sind wir im Vergleich zu den großen Unternehmen aus China und den USA nicht ganz so in der Presse. Aber ich glaube, dass wir an den richtigen Stellen unterwegs sind. Wir sollten uns noch viel mehr trauen, die Chancen der KI hervorzuheben und zu nutzen."
Am kommenden Donnerstag lädt Ministerpräsident Wüst (CDU) führende Köpfe aus der Wirtschaft, Politik, Industrie und der Wissenschaft in die Landesvertretung NRW in Berlin ein. Dort geht es dann erneut um die Zukunft der KI. Titel: "Von der Kohle zur KI".
Unsere Quellen:
- Interview mit Philip Velmer
- Interview mit Andreas Groß
- Interview mit Christian Temath
- Interview mit Monika Schnitzer
- Landesstatistikamt
- Nachrichtenagentur dpa
- NRW-Landesregierung
- Wall Street Journal
- Magazin KölnBusiness