Aschermittwoch, Fastenzeit und die Merz-Schulden

Stand: 07.03.2025, 16:00 Uhr

Politischer Aschermittwoch in NRW: Weniger Krawall, mehr Kalkül. Söder stichelt, Merz fehlt, und die CDU entdeckt ihre Liebe zur Verschuldung. Fastenzeit? Nicht für die Staatsfinanzen.

Von Martin Teigeler

Haben Sie was vom politischen Aschermittwoch der NRW-Parteien mitgekriegt? Falls nein: Kein Problem, diese Woche war viel los, da gehen die traditionellen Zusammenkünfte in Kirchveischede (CDU mit Ministerpräsident Hendrik Wüst als Hauptredner) oder in Schwerte (SPD mit ihrem Landtags-Fraktionschef Jochen Ott) schon mal etwas unter. Wohl auch weil der Bundestagswahlkampf vorbei ist, klangen die Reden in diesen ernsten Zeiten etwas leiser als sonst. Oder lag’s an Schwarz-Rot ante portas?

Abgesehen davon stand der Polit-Aschermittwoch in Nordrhein-Westfalen ja schon immer im Schatten des deftigen Originals in Bayern. Im Freistaat sind die Hallen größer und voller - die Zuhörer sind bierseliger. In diesem Jahr schickte CSU-Chef Markus Söder aus Passau einen Gruß nach NRW: "Wir haben Lederhosen. In Düsseldorf gibt's nur die Toten Hosen." Das ließ sich auch als kleine Spitze gegen NRW-Ministerpräsident Wüst verstehen, der den Musikern um Bandleader Campino im vergangenen Jahr den Staatspreis des Landes verliehen hatte. Die Hosen-Botschaft war Söder so wichtig, dass er sie via X (ehemals Twitter) als Video verbreitete.


Söder und Wüst haben ja was gemeinsam: Sie mussten Friedrich Merz den Vortritt lassen bei der Kanzlerkandidatur der Union. Wir erinnern uns an die Sticheleien zwischen den beiden Ministerpräsidenten, als die Entscheidung für Merz fiel.

Der Sauerländer Merz fehlte übrigens beim politischen Aschermittwoch seiner NRW-CDU in einer Schützenhalle im sauerländischen Lennestadt-Kirchveischede. Der CDU-Chef ist derzeit mit Sondierungen beschäftigt. Für die geplante Koalition mit den Sozialdemokraten ist Merz offenbar bereit, einen hohen politischen Preis zu zahlen – vielleicht auch, weil die Kanzlermehrheit laut einem „FAZ“-Bericht noch nicht sicher ist. Ein Riesen-Finanzpaket mit einem massiven Ausbau der Verschuldung wurde jetzt vereinbart, um Investitionen in Verteidigung und Infrastruktur auszuweiten.

Die Fastenzeit fällt also in diesem Jahr aus bei der CDU – zumindest, wenn es um die Staatsfinanzen geht. Die FDP in NRW wirft Merz Wortbruch vor. Ein Vorwurf, den der Kanzlerkandidat ja aus der AfD-Debatte kennt.

In der Landespolitik wird seit Bekanntwerden der Pläne über mögliche Folgen für NRW diskutiert. Viele Fragen sind noch offen: Wie stimmt das Land bei der geplanten Grundgesetz-Änderung im Bundesrat ab? Kann NRW unterm Strich wirklich mehr Geld für Investitionen ausgeben? Die Grünen, die im Bund vor dem Wechsel in die Opposition stehen, betonen ihre Zweifel an den schwarz-roten Milliarden-Schuldenplänen.

Die NRW-SPD sieht sich hingegen in ihrer traditionellen Skepsis gegenüber der Schuldenbremse bestätigt. Und die Landes-CDU muss womöglich ihr Grundsatzprogramm überarbeiten, in dem es heißt: "Die grundgesetzlich verankerte Schuldenbremse konkretisiert das Prinzip der finanziellen Nachhaltigkeit." Das Programm wurde übrigens im Juni 2015 von einem CDU-Landesparteitag beschlossen – zwei Wochen bevor Donald Trump die TV-Show „The Apprentice“ verließ, um sich auf seine erste Kandidatur für das US-Präsidentenamt zu konzentrieren. 10 Jahre später hat sich vieles grundlegend verändert. Aber vielleicht auch nicht alles: 2026 treffen sich CDU und SPD aller Voraussicht nach wieder in Kirchveischede und Schwerte.

Dieser Text erscheint auch als Editorial in "18 Millionen - Der Newsletter für Politik in NRW". Jeden Freitag verschicken wir die Themen, die NRW bewegen – an politisch Interessierte, Aktive, Gewählte, und Politik-Nerds.

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