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Fällt nun die Schuldenbremse? Das kann der alte Bundestag noch tun

Stand: 25.02.2025, 15:19 Uhr

Schuldenbremse, Sondervermögen - für manche Vorhaben stellt sich die Frage: Entscheidet der alte oder der neue Bundestag darüber?

Nach der Bundestagswahl verändert sich die Zusammensetzung des Parlaments: Im neuen Bundestag sind weniger Parteien vertreten als bisher. Die FDP und das BSW sind an der Fünf-Prozent-Grenze gescheitert und daher künftig nicht mehr dabei. Das sorgt für veränderte Entscheidungsmöglichkeiten des Gremiums. Das wirft Fragen auf.

Was ändert sich im neuen Bundestag?

Im kommenden Bundestag hätten Union und SPD zwar zusammen eine Mehrheit. Für einige Vorhaben - wie Verfassungsänderungen - sind allerdings zwei Drittel der Stimmen der Abgeordneten nötig. Darauf kämen Union und SPD selbst mit Unterstützung der Grünen nicht.

AfD und die Linke haben bei der Wahl zusammen mehr als ein Drittel der Sitze erreicht. Damit verfügen sie im neuen Bundestag über eine sogenannte Sperrminorität und könnten durch ihr Veto bestimmte Vorhaben blockieren.

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Für welche Vorhaben braucht es eine Zwei-Drittel-Mehrheit?

Zu solchen Vorhaben zählen Änderungen des Grundgesetzes - wie sie zum Beispiel für eine Reform der Schuldenbremse oder den Beschluss eines neuen Sondervermögens für die Bundeswehr nötig wäre.

Auch für die Ernennung neuer Bundesverfassungsrichter müssen zwei Drittel der Abgeordnetenstimmen erreicht werden. Diese Richter werden entweder vom Bundestag oder vom Bundesrat mit Zweidrittelmehrheit gewählt. Ende 2024 hatte der Bundestag die Besetzung des Bundesverfassungsgericht allerdings durch eine Grundgesetzänderung gegen mögliche Blockaden gesichert.

Könnte auch der alte Bundestag noch über die Schuldenbremse entscheiden?

Ja, das ist grundsätzlich möglich. Der "alte" Bundestag hat zwar keine Sitzungen mehr, bis das neu gewählte Parlament zusammentritt. Man könnte aber das Parlament vorher in der alten Zusammensetzung noch einmal zusammenrufen und entscheiden lassen.

Das Grundgesetz ist die deutsche Verfassung | Bildquelle: picture-alliance

Dafür ist allerdings nicht mehr viel Zeit: Nach Artikel 39 des Grundgesetzes muss der neue Bundestag spätestens am 30. Tag nach der Wahl zusammentreten. Das wäre der 25. März. Eine Reform der Schuldenbremse durch den alten Bundestag wäre aber möglich. In einer möglichen Sondersitzung kämen Union, SPD und Grüne zusammen auf die erforderliche Mehrheit. Auch der Bundesrat müsste mit einer Zweidrittelmehrheit zustimmen.

Die 2009 im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse verbietet Bund und Ländern weitgehend, ihre Haushalte mit Hilfe neuer Kredite zu finanzieren.

Tritt der alte Bundestag noch einmal zusammen?

Das ist noch unklar. CDU-Chef Friedrich Merz hatte am Montag angekündigt, dass er mit SPD, Grünen und FDP sprechen wolle, was im alten Bundestag bis Ende März noch an Entscheidungen möglich sei.

CSU-Chef Markus Söder sagte am Dienstag im ARD-"Morgenmagazin" jedoch, es müsse alles genau geprüft werden. "Es gibt zwar Argumente dafür, weil man sagt, man hat da noch eine mögliche Mehrheit". Es gebe aber auch Argumente dagegen, "weil man sagen kann, wie ist denn die Legitimation für eine solche Entscheidung, nachdem man schon gewählt hat".

Wie sieht es beim Sondervermögen aus?

Thorsten Frei | Bildquelle: dpa

Auch die schnelle Einrichtung eines Sondervermögens unter anderem für Ukraine-Hilfen ist im Gespräch. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei (CDU), hatte im Deutschlandfunk gesagt, er wolle nicht ausschließen, "dass angesichts der hochdynamischen außenpolitischen Veränderungen, der möglicherweise sich weiter steigenden Bedrohungslage unseres Landes, sehr schnell Entscheidungen ganz spezifisch im Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik notwendig sind".

Wie positionieren sich AfD und Linke?

Die Linke will für eine Reform der Schuldenbremse Bedingungen stellen, lehnt aber eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben ab.

Die AfD spricht sich gegen eine Lockerung der Schuldenbremse aus und möchte die Ukraine nicht militärisch unterstützen.

Entscheidungen im alten Bundestag: Hat es das schon einmal gegeben?

Dass nach einer Wahl der alte Bundestag noch Entscheidungen trifft, wäre zwar "ein seltener Fall", wie es der noch amtierende Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) formulierte. Doch er verwies darauf, dass dies 1998 bereits einmal so gemacht wurde.

Amtsübergabe von Kohl an Schröder | Bildquelle: WDR

Damals stand der Regierungswechsel von Kanzler Helmut Kohl (CDU) hin zu Gerhard Schröder (SPD) an. Doch bevor dieser Wechsel vollzogen wurden, machten Entwicklungen im Kosovo-Krieg eine schnelle Entscheidung des Parlaments erforderlich. Es ging um die deutsche Beteiligung an NATO-Luftoperationen.

Welche Fähigkeiten braucht ein Bundeskanzler? WDR 5 Morgenecho - Interview 25.02.2025 07:11 Min. Verfügbar bis 25.02.2026 WDR 5

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Unsere Quellen:

  • Nachrichtenagenturen Reuters, AFP und DPA
  • Artikel zur Schuldenbremse von tagesschau.de
  • Artikel zum Schutz des Bundesverfassungsgerichts von tagesschau.de
  • Informationen der Legal Tribune Online (LTO)