Am Ende solle es nicht heißen: "Ihr seid schuld, wenn irgendetwas nicht funktioniert." So begründete NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) am Mittwoch im Landtag seine Kehrtwende im Streit um den schnelleren Aus- und Neubau von Autobahnen.
Die FDP hatte das Thema auf die Tagesordnung des Landtags gesetzt, nachdem das Land eine Frist von Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hatte verstreichen lassen, in der sie ihr Einvernehmen zur Beschleunigung von 66 Autobahnprojekten erklären sollte.
NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer und die Grünen sind eigentlich dagegen, wollten den Fokus stattdessen auf die Sanierung von Brücken legen - gaben nun aber doch grünes Licht. "Oliver Krischer hat kurz vor knapp noch die Kurve gekriegt", kommentierte Christof Rasche, verkehrspolitischer Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, die Entscheidung.
Krischer bleibt bei seiner Kritik
Am Vorabend der Landtagssitzung hatte Krischer in einem Brief an Wissing überraschend doch noch sein Einvernehmen erklärt. Die Landesregierung stehe einer Beschleunigung der Projekte "nicht entgegen", heißt es in dem Schreiben. Darin stimmt Krischer den Plänen seines FDP-Kollegen Wissing zwar zu. Trotzdem äußert der Grüne weiterhin Kritik, die er auch am Mittwoch im Landtag wiederholte.
Krischer beklagt eine "Farce"
Das "Prinzip der Zusammensetzung" der Liste mit den konkreten Projekten sei nicht nachvollziehbar. Die Liste sei "offensichtlich primär politisch ausverhandelt" worden. Es sei eine "Farce", wenn von der Landesregierung mit zehntägiger Frist Zustimmung zu einer kompletten Liste verlangt werde. Bis heute habe NRW "auf keine einzige Frage" zu den komplexen Verfahren eine substanzielle Antwort erhalten.
NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer
"Deshalb werden wir die Verantwortung für die Umsetzung der Projekte dort belassen, wo sie hingehören", schrieb Krischer. Die grundsätzliche Entscheidung, ob die Autobahnneubauten umgesetzt werden, liege in alleiniger Zuständigkeit des Bundes. "Wir wollen dem Bund damit keinen Vorwand liefern, die Verantwortung für sein Handeln und seine Fehler auf das Land abzuwälzen."
Brückensanierungen nicht vergessen
Zugleich stellte Krischer Forderungen: Schutzstandards wie der Lärmschutz dürften nicht abgesenkt werden. NRW verlange vom Bund außerdem, dass etwa auf der A3 anstelle eines aufwendigen Ausbaus die Nutzung des Standstreifens in Betracht gezogen werde. Weiterhin dürften Ausbauprojekte nicht auf Kosten der Sanierung von Brücken laufen. "Denn was nützt eine zehnspurige Autobahn, wenn sie dann vor einer Brücke endet, die wegen Baufälligkeit gesperrt ist?"
Die Ampel-Koalition in Berlin hatte sich Ende März darauf geeinigt, Autobahnprojekte zu beschleunigen, die Stauschwerpunkte und Engstellen sind. Das sind bundesweit 145. Sie liegen vor allem in Nordrhein-Westfalen, Bayern, Baden-Württemberg und Hessen. Stimmt ein Land zu, sollen dessen Projekte in ein Beschleunigungsgesetz aufgenommen werden. Für diese Projekte wird dann ein öffentliches Interesse festgestellt, wodurch Planungszeiten deutlich verringert werden sollen.