Grundsatzprogrammkonferenz der CDU in Koeln Friedrich Merz Parteivorsitzender, mit ausgebreiteten Armen und Hendrik Wuest Ministerpraesident des Landes Nordrhein-Westfalen bei der Deutschlandtour 2024 in Koeln , 01.03.2024

Kommentar: Wüst steht treu zu Merz - das ist seit gestern ein Fehler

Stand: 30.01.2025, 14:10 Uhr

Für ein Wahlkampfmanöver bricht Friedrich Merz das große Tabu im deutschen Parlamentarismus. Und Hendrik Wüst guckt ihm dabei zu.

Von Tobias ZacherTobias Zacher

Rechtsextreme bestimmen wieder mit in Deutschland. Nicht mehr nur an Stammtischen, auf der Straße oder in Behörden. Sondern auch dann, wenn es um Mehrheiten geht in der Herzkammer der deutschen Demokratie: im Bundestag.

Zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik haben dort zwei demokratische Parteien – die CDU und die FDP – einen Antrag gemeinsam mit der AfD beschlossen.

Unterstützung der AfD hingenommen

Dazu eingeladen hat sie der Kanzlerkandidat der CDU: Friedrich Merz aus dem Sauerland.

Er ist nicht auf die anderen demokratischen Parteien zugegangen. Er hat dort nicht für seinen Fünf-Punkte-Plan zur Migration geworben. Stattdessen hat er ihn für unverhandelbar erklärt, zur Abstimmung gestellt und sehenden Auges hingenommen, dass die AfD ihm zu einer Mehrheit verhilft.

Merz sagte, er könne es nicht mit seinem Gewissen vereinbaren, diesen Antrag jetzt nicht abstimmen zu lassen.

Doch das ist maximal unglaubwürdig.

Denn dieser Fünf-Punkte-Plan verändert in der Migrationspolitik nichts. Er ist vollkommen unverbindlich. Nicht ein Problem wird in den nächsten Wochen durch diesen Beschluss gelöst.

Wüst kritisiert Beschluss mit AfD nicht

Trotzdem hielt Friedrich Merz verbissen daran fest. In Wahrheit ging es ihm nur um ein Symbol: Er wollte die Bundesregierung, die keine Mehrheit mehr hat, vorführen. Für dieses Wahlkampfmanöver hat er das größte Tabu in der deutschen parlamentarischen Demokratie gebrochen.

Das sollte Hendrik Wüst stören. Der CDU-Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen hat die AfD schon als "gefährliche Nazipartei" bezeichnet.

Aber jetzt ist Wahlkampf.

Heute distanzierte sich Wüst von der AfD. Die sei "menschenfeindlich" und "in Teilen rassistisch". Dass aber seine CDU mit genau dieser Partei gestern eine Mehrheit im Bundestag gebildet hat – das kritisierte er nicht.

Anders als sein Amtskollege Daniel Günther kündigte Wüst auch keinen Widerstand an, für den Fall, dass das "Zustrombegrenzungsgesetz" am Freitag nur mit den Stimmen der AfD eine Bundestags-Mehrheit bekommt.

Im Wahlkampf steht Wüst treu zu Friedrich Merz. Und das ist seit gestern ein Fehler.

Auf konservative Demokraten kommt es an

Rechtsextremisten kommen nicht durch Zufall an die Macht. Sie nutzen die Mechanismen der Demokratie aus, um sie dann zu zerstören. Immer gibt es dabei Steigbügelhalter.

Um Rechtsextreme an der Regierung zu verhindern, sind konservative Demokraten die wichtigste Instanz. Wenn sie ihren Widerstand aufgeben, dann haben die Rassisten und Menschenfeinde eine Chance.

Falls die AfD es jemals in eine Regierung schafft, werden sich die Menschen an den Tag erinnern, an dem es losging. Sie werden sich erinnern an den 29. Januar, an Friedrich Merz und an den ersten gemeinsamen Beschluss von CDU, FDP und AfD im Bundestag.

Und auch an all' jene, die sich nicht dagegengestellt haben.

Wie Hendrik Wüst.

Über dieses Thema berichten wir auch im Hörfunk: Am 30.01.2025 im WDR5 Westblick ab 17:05 Uhr.